Wolfgang Anzengruber, der den größten heimischen Stromkonzern Verbund seit Anfang 2009 leitet, wird dies ab Anfang 2019 noch weitere zwei Jahre tun. Der Aufsichtsrat hat am Mittwoch seinen Vertrag bis Ende 2020 verlängert, im September wird er 62. Neu in den Verbund-Vorstand ziehen in einem halben Jahr der oö. Vize-Landeshauptmann Michael Strugl (54) und Cisco-Austria-Manager Achim Kaspar (53) ein.

Wie schon vorige Woche durchgesickert ist, springt Strugl (ÖVP) damit aus der Politik ab - und erhält im Verbund ab 1. Jänner 2019 auch gleich die Funktion des stellvertretenden Vorstandschefs. In der oberösterreichischen Landesregierung führt Strugl das Standortressort mit den Agenden Wirtschaft, Beteiligungen, Tourismus und Sport, Energie sowie einen Teil der Finanzen. Bis 2013 war er Wirtschaftslandesrat, davor ab 2001 Landtagsabgeordneter.

Seit April 2017 ist Strugl, Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Linzer Johannes-Kepler-Uni, auch Landeshauptmann-Stellvertreter. Seit fast neun Jahren gehört der diplomierte Jurist Mitglied dem Aufsichtsrat beim Landesversorger Energie AG Oberösterreich (EAG) an, seit März als AR-Vorsitzender. An Hobbys pflegt der Vater zweier Kinder laut seiner eigenen Homepage Laufen, Radfahren, Schifahren, Lesen, Tennis.

Kärntner Wurzeln

Kaspar ist seit 2008 General Manager von Cisco Austria, der Österreich-Niederlassung des US-Technologiekonzerns Cisco, sowie von Cisco Kroatien und Slowenien. Der gebürtige Kärntner studierte Betriebswirtschaft in Graz und startete seine berufliche Laufbahn im Telekom-Bereich des Verbund. Danach war er Geschäftsführer der MCI/WorldCom Austria GmbH. Von 2002 bis 2007 war er Alleinvorstand der eTel Austria AG und leitete das strategische und technische Kompetenzzentrum für Zentraleuropa. Kaspar ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Die Verbund-Vorstandsverträge von Finanzvorstand Kollmann (55), Strugl und Kaspar laufen bis Ende 2021, jeweils mit zweijähriger Verlängerungsoption, jener von CEO Anzengruber ab 2019 noch für zwei weitere Jahre. Eine Berufung von Kaspar in die Verbund-Chefetage "auf einem FPÖ-Ticket" war bereits vor Monaten medial als möglich bezeichnet worden.

Aufgabenverteilung

Anzengruber verantwortet u.a. die Strategie-Agenden, Kollmann neben den Finanzen auch M&A sowie IR. Strugl zeichnet etwa für Energiewirtschaft und Personalmanagement sowie Trading und Sales verantwortlich. Kaspar ist für den neu geschaffenen Bereich Digitalisierung sowie den gesamten Erzeugungsbereich zuständig.

Die Verträge des bisherigen Vize-Vorstandschefs im Verbund, Hannes Sereinig, und von Vorstandsdirektor Günther Rabensteiner, die beide als SPÖ-nahe gelten, werden nicht verlängert, die beiden gehen in Pension.

Doch keine Verkleinerung

Überraschend ist, dass der Verbund-Vorstand insgesamt nicht verkleinert wird, wie das in den letzten Monaten immer wieder von Beobachtern vermutet worden war. Zu rechtfertigen gewesen wäre dies mit dem Wegfall des früher recht umfangreichen Auslandsengagements. Einst verfügte der Verbund über Aktivitäten in Italien, Frankreich und der Türkei, aktuell ist man hauptsächlich noch als Stromhändler jenseits der Grenze tätig, vornehmlich in Deutschland. Von der kalorischen Stromproduktion in Italien (Sorgenia) und in Frankreich hat sich der Stromkonzern 2014 gelöst. Schon davor, 2013, hatte der Verbund seine Türkei-Assets in einem Tauschgeschäft an die deutsche E.ON abgegeben und dafür namhafte Wasserkraft-Anteilen in Bayern - im Ausmaß des Stromverbrauchs von 600.000 Haushalten - sowie mehrere hundert Millionen Euro in bar erhalten.

Zu 51 Prozent gehört der Verbund der Republik Österreich und ressortiert zum Finanzministerium von Minister Hartwig Löger (ÖVP). Im Zuge einer Neuordnung der Staatsholding ÖBIB könnte der Verbund wie andere börsennotierte Firmen mit Staatsbeteiligung (OMV, Telekom Austria, Post) ebenfalls dieser zugeordnet werden. Der Verbund setzte 2017 mit knapp über 2.800 Mitarbeitern rund 2,9 Milliarden Euro um.