Hans Peter Haselsteiner und Erhard Grossnigg zücken ihre Brieftaschen. Die Frage, ob sie auch privat Bahn fahren, bringt sie keine Sekunde in Verlegenheit. Haselsteiner findet erst nur seine Westbahncard, Grossnigg auch die rote der Konkurrenz. „Wir haben die Senioren-Vorteilscard“, präzisiert Haselsteiner. Werbung für die ÖBB will er bei der eigenen Pressefahrt im neuen „Kiss2“ der Westbahn nicht machen. Um privat per Bahn nach Kärnten zu kommen, kann er halt noch nicht in einen eigenen Zug einsteigen.

2012 brachten der Bauindustrielle Haselsteiner und der Unternehmenssanierer Erhard Grossnigg mit der Westbahn die erste ernst zu nehmende Bahnalternative zu den ÖBB zwischen Wien und Salzburg auf die Schiene. Jetzt folgt der nächste Schub. Ab Juni wird die Flotte von sieben auf 17 Garnituren mehr als verdoppelt.

2019 läuft der Verkehrsdienstvertrag aus

Mit dem Winterfahrplan ab Dezember dringt die Westbahn dann sogar in ÖBB-Kerngebiet ein und fährt auch ab dem Wiener Hauptbahnhof. Die Westbahn bietet dann einen Halb-statt Einstundentakt nach Salzburg an. Vom Wiener Hauptbahnhof aus ab 2019 auch in Richtung Süden unterwegs zu sein, das steht ganz oben auf der Agenda der Eigentümer.

Voraussetzung dafür ist der 2019 auslaufende Verkehrsdienstvertrag. An eine schlichte Verlängerung durch den nächsten Verkehrsminister glaubt Haselsteiner nicht: „Dafür geht es um viel zu viel Geld.“ Rund eine Milliarde Euro Steuergeld fließen jährlich für „bestellte“ Verkehrsleistungen. Die Westbahn-Mehrheitseigner setzten kürzlich ein neues Signal. In Vorarlberg bot die Westbahn in Konkurrenz zu den ÖBB die Übernahme des S-Bahnverkehrs mit 26 Zuggarnituren für zehn Jahre an.

Rechtlich bekämpft die Westbahn die Vergabe an die ÖBB schon länger, demnächst ist der Verwaltungsgerichtshof am Wort. Haselsteiner meldet „ernste Zweifel“ an, ob der Zughersteller Bombardier als ÖBB-Lieferant „die Bestellung wegen seiner wirtschaftlichen Schieflage überhaupt stemmen kann.“ Künftig will die Westbahn bei praktisch allen Vergaben von Bahnverkehren mitmischen.

Rund 300 Millionen Euro haben die Westbahneigner, zu denen auch die französische SNCF gehört, bisher in die Hand genommen. 160 Millionen davon kosten die neuen Züge.

Erstmals ein kleiner Gewinn

Grossnigg ist der Mann der Zahlen hinter der Westbahn. 2016 werde man voraussichtlich erstmals einen kleinen Gewinn vor Steuern ausweisen. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen (Ebitda) steht schon fest: 10,6 Millionen Euro. Nach einer kleinen Delle soll das Ergebnis (Ebitda) in zwei Jahren auf 14 bis 15 Millionen Euro wachsen. Haselsteiner erwartet damit eine Eigenkapitalverzinsung „bei voller Investitionskraft“. Der Umsatz stieg laut Westbahn-Chef Erich Forster zwischen 2012 und 2016 von 26,5 auf 56,6 Millionen Euro. 2020 soll die Kundenzahl auf zehn Millionen verdoppelt werden.