Dass die von allen Wirtschaftsexperten seit Jahren geforderte und von der Regierung versprochene Steuerreform inklusive starker Lenkungseffekte für mehr Klimaschutz kein Spaziergang wird, ist wenig überraschend. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer reibt sich jedenfalls schon seit Monaten oft und gerne am grünen Partner der Regierungskoalition.

Selbst nicht in der Regierungspflicht, baut Mahrer derzeit allerdings eine ganze Forderungsmauer auf, verpackt in einem am Freitag präsentierten Fünf-Punkte-Programm der Kammer. Die zentralste aller Forderungen ist jene nach einer "ganz, ganz breiten steuerlichen Entlastung", so Mahrer. Innovationstätigkeit werde man nur unter dem Motto erreichen, "runter mit den Steuern, mehr netto vom Brutto".

Wettbewerbstauglichkeit im Fokus

Für Mahrer "gibt es nur diesen Ansatz". Das müsse man der Spitzenpolitik ins Stammbuch schreiben. Neun von zehn Wirtschaftsdelegationen würden Österreich wegen der Spitzenleistungen erfolgreicher Betriebe im Klima- und Umweltbereich besuchen, "aber ganz sicher nicht wegen einem grünen Parteiprogramm". Die Kammer pocht sowohl auf eine Körperschaftssteuer-Senkung für Unternehmen von 25 auf 21 Prozent als auch auf niedrigere Lohn- und Einkommensteuern.

Aus der globalen Sicht des weltweit tätigen Chemiekonzerns Borealis mahnte dessen neuer Chef Thomas Gangl, immer die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität im Blick zu behalten. "Sonst wird alles, was wir tun, global keine Rolle spielen", so der von der WKÖ eingeladene Gangl.

Borealis-Chef betont Technologieoffenheit

Borealis erzeugt Grundstoffe für die Kunststoffproduktion, verfügt über tausende Patente und gilt auch im Bereich der Kreislaufwirtschaft als Innovationstreiber. Mehrheitlich zur OMV gehörend, nimmt sie zudem eine Schlüsselrolle in der Neuausrichtung des teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns ein, wo Gangl vor seinem Wechsel zu Borealis als Vorstand für eine Reihe innovativer Projekte verantwortlich zeichnete.

Der Borealis-Chef ist überzeugt: "Technologie war und ist der Differenzierungsfaktor." Bei den Energieformen werde Strom alleine nicht die Lösung sein, auch Wasserstoff werde eine entscheidende Rolle spielen. Grundsätzlich brauche es Technologieoffenheit, um die besten Lösungen zu finden. Gangl: "Dabei darf es nicht darum gehen, was gefällt uns am besten, sondern was ist am besten, um die Ziele schnellstmöglich erreichen zu können."