Wenn das Gesetz so kommt, wie es sich Klimaministerin Leonore Gewessler denkt, dann dürfte sich für den Kosumenten sich so schnell gar nichts ändern, wenn er Getränke in seinen Einkaufswagen lädt. Denn erst 2024 soll der Handel zu festen Mehrwegquoten verpflichtet sein.  "Das ist viel zu spät," sagt Greenpeace-Expertin Lisa Panhuber. Denn die Infrastrukturen seien vorhanden, um das schon Mitte kommendes Jahres umzusetzen. Gewessler selbst spricht von einem "großen Schritt" sowie von "aktiver Müllvermeidung" und sagt: "Wir kehren zurück zum gut funktionierenden System eines verbindlichen Mehrwegangebots."

Tatsächlich hatte es in den 1990er Jahren Mehrwegquoten gegeben. 80 Prozent machten die Mehrwegflaschen aus. Bis die abgeschafft wurden und die PET-Flaschen-Flut diesen Anteil auf heute 19 Prozent wegschwemmte.

Im Detail sieht das neue Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) nach monatelangen Diskussionen hinter verschlossenen Türen ab Mitte 2021  Verbote von Produkten aus Einweg-Plastik vor sowie ein Importverbot problematischer Abfälle vor, zudem soll Müll ab einer gewissen Entfernung mit der Bahn transportiert werden müssen. Aber das von Gewessler angekündigte Pfand auf PET-Einwegflaschen ist zumindest bisher auf der Strecke geblieben. Vorerst starten nur Pilotprojekte, um Pfandsysteme zu testen. Details dazu verriet Gewessler bei der Präsentation der Neuerungen nicht, erklärte aber, dass ein Pfand auf Einweggebinde weiterhin das Ziel sei.

Die Mehrwegquote sieht vor, dass künftig bei Bier oder Radler mindestens 60 Prozent des Angebotes in Mehrwegflaschen im Regal stehen müssen, bei Mineral- und Sodawasser 20 Prozent. Für Milch, Säfte und Softdrinks ist sogar nur eine Quote von zehn Prozent vorgesehen. Experten zufolge werden bei Bier derzeit rund 57 Prozent erreicht und bei Wasser knapp 18 Prozent. Bei Säften ist Mehrweg bisher fast kein Thema.

Völlige Neuerung für Diskonter

Während Ketten wie Billa und Spar bei keiner der Quoten auch nur annähernd ein Problem haben dürften, weil sie ohnehin nur geringfügig unter den schon jetzt erreichten Mehrweganteilen liegen, so stellt sie für die Diskonter doch eine völlige Neuerung dar, weil die überhaupt keine Mehrweg-Gebinde führen. Übrigens auch nicht in Deutschland, wo es seit langer Zeit ein funktionierendes Pfand-Rücknahmesystem sogar für Getränkedosen gibt und kürzlich noch viel massivere Lenkungsmaßnahmen in Richtung Plastik-Recycling beschlossen wurden.

Gegen ein Pfand hatten sich Teile des Handels und auch die Wirtschaftskammer massiv quer gelegt. Druck gibt es indessen aus Brüssel. Noch im Sommer muss Österreich seine Pläne präsentieren, wie das Plastik-Recycling ausgebaut werden soll. Die Vorgabe für 2025 ist, dass die Hälfte des anfallenden Kunststoffs rezikliert werden muss, aktuell schafft Österreich 25 Prozent. Experten wie Christian Abl von der Reclay-Gruppe gehen davon aus, dass das ohne Einwegpfand nicht gelingt. Setzt man auf das Mehrwegsystem, sind laut Greenpeace aber Quoten von 80 Prozent notwendig. Ist das neue Gesetz allerdings erst einmal abgesegnet - die Begutachtung dauert sechs Wochen, bevor es im Parlament diskutiert wird - könnte Gewessler ein Einwegpfand auch über eine Verordnung beschließen.

"Mehrweg stärkt die regionale Wirtschaft", sagt Gewessler. Von den 450 Abfüllern in Österreich würden fast alle auch Getränke in der Mehrwegflasche anbieten. "Wir geben dem Konsumenten die Auswahl zurück," argumentiert sie. Die erst kürzlich - von Berglandmilch - wieder eingeführte Milchpfandflasche werde enorm angenommen. Tatsächlich baut das Unternehmen seine Produktpalette weiter aus. Auch Spar hatte 2020 ein eigene Mehrweg-Glasflasche für Fruchtsäfte auf den Markt gebracht.

Der Mineralwasser-Abfüller Vöslauer ist in beiden Welten, Glas und Plastik sowie Recycling und Einweg zuhause. In den nächsten Monaten investiert das Unternehmen sieben Millionen Euro ist eine neue Anlage für eine neue PET-Mehrwegflaschen-Generation mit 30 Prozent rezikliertem PET-Anteil. "Wir sind immer in Vorleistung gegangen und auch ohne Quoten gut gefahren," so Vöslauer-Chefin Birgit Aichinger. Den Plänen stehe man allerdings neutral gegenüber. Bis vor vier Jahren habe das Thema PET-Recycling praktisch niemanden interessiert. Mehrweg-Konzepte wie vor 30 Jahren sind aus ihrer Sicht allerdings auch nicht gefragt. 

"Politik in der Pflicht"

Almdudler-Chef Gerhard Schilling sieht jetzt auch die Politik in der Pflicht, Mehrweg populärer zu machen. Während bei Vöslauer die Rücklaufquote (über Pfand) gemessen an allen verkauften Produkten bei 23 Prozent liegt, kommt Almdudler auf etwa ein Drittel. Ob die Mehrwegquote in dem Familienunternehmen für Investitionsdruck sorgen wird? "Herausforderungen muss man sich stellen," so Schilling. Eine PET-Mehrwegflasche werde man sich jedenfalls anschauen. Grundsätzlich erwarte er nicht, dass die Neuregelung für Almdudler Nachteile bringe. Schilling: "Eher im Gegenteil. Aber wir sind vielleicht eher eine Ausnahme durch unsere traditionelle Glasflasche, an deren Urform sich seit den 50er Jahren wenig geändert hat." 

"Viel zu spät"

Kritik hagelt es indes von der Opposition, besonders zum geplanten Start 2024. "Viel zu spät", sagt auch SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr. Der Rückzieher beim Pfand sei besonders enttäuschend. Walter Rauch von der FPÖ sieht den Entwurf meilenweit von dem entfernt, was Gewessler 2020 angekündigt hatte. Ein Pfandsystem dürfe nicht verpflichtend kommen. Die Neos sehen alles andere als einen großen Wurf, weder die Plastikverschmutzung werde so reduziert, noch die EU-Ziele erreicht.