"Mit ruhiger Hand durch die Krise steuern," das war laut ÖBB-Chef Andreas Matthä das Hauptziel im ersten Pandemiejahr. Ohne massive Hilfe wäre das allerdings kaum gelungen. Zwar sparte die Bahn aus eigener Kraft etwa 350 Millionen Euro ein. Dass sie aber am Ende des Jahres 2020 sogar mit 59 Millionen Euro Ergbenis vor Steuern (EBT), dasteht, verdankt sie öffentlichem Geld aus verschiedenen Töpfen.

Im Mai sollen wichtige touristische Verbindungen wieder aufgenommen werden. Ab dem 24. Mai sollen die "Nightjets" wieder fahren, etwa nach Venedig, Rom oder Hamburg. Auch die durch die Pandemie verschobene Eröffnung der Strecke nach Amsterdam wird dann nachgeholt. Die Verbindung nach Paris soll im Dezember folgen. Mit der slowakischen Bahn in Kooperation wird im Sommer zweimal pro Woche Split angesteuert, ab Ende Juni gibt es eine tägliche Verbindung ab Wien nach Triest.

Dass man die ÖBB - und andere Bahnen auch - finanziell nicht einfach entgleisen lassen wollte, hat viele Gründe: Sie gilt als eines der wichtigsten Vehikel der türkis-grünen Regierung, um den Verkehr klimafreundlicher zu machen. Bis 2026 sollen rund 25 Milliarden Euro in das System investiert werden. Bei der Finanzierung dieser gewaltigen Summe ist ein entscheidender Faktor, wie teuer oder günstig die Finanzierung aufgestellt werden kann.

Zudem steht die Bahn vor einem riesigen Generationenwechsel bei den Mitarbeitern. Pro Jahr verlassen bis 2026 rund 2500 bis 3000 Mitarbeiter die ÖBB. Rund 2700 werden im Gegenzug jährlich neu aufgenommen. "Die Kurzarbeit hat uns sehr geholfen bei dem Ziel, flächendeckende Kündigungen zu vermeiden," so Matthä. Tatsächlich wurden sogar 2500 Mitarbeiter neu aufgenommen. 17.000 neue ÖBBler werden es bis 2026 sein.

Passagierminus bei 40 Prozent

Matthä nutzte die Online-Bilanzpräsentation am Freitag, um die Rolle der Bahn als "Jobmotor" und "Wirtschaftslokomotive" herauszustreichen. Man habe in der Infrastruktur die Aktivitäten bereits verstärkt, damit seien aktuell rund 40.000 Arbeitsplätze verbunden.

Die Spuren der Krise sind allerdings sehr tief. Die Zahl der Passagiere (inkl. Bus) brach um 190 Millionen auf 287 Millionen ein. Ein durchschnittliches Minus von 40 Prozent. Alleine auf der Schiene verringerte sich die Zahl um knapp 100 Millionen Euro auf 162,8 Millionen. In den schlimmsten Phasen mit 90 Prozent weniger Passagieren waren praktisch Geisterzüge im Land unterwegs. Die wichtigste Stütze war der Nahverkehr mit 142 Millionen Passagieren, der Fernverkehr schrumpfte auf 21 Millionen Passagiere zusammen. Corona beförderte die Bahn "auf das Niveau von 1988," so Matthä. Eine Erholung auf das Niveau 2019 wird 2023 erwartet.

Im Güterverkehr sind die Corona-Folgen ebenfalls massiv. Die Bahn sieht sich hier jetzt unter starkem Preisdruck durch die Frächter auf der Straße, die Matthä zufolge mit Niedrigstpreisen fahren. Während das Umsatzminus im Personenverkehr etwa 400 Millionen Euro betrug, lag es im Güterverkehr bei 250 Millionen Euro. 

Die genannten 700 Millionen Corona-Effekt beim Umsatz errechnete die ÖBB auf Basis der ursprünglich für 2020 budgetierten Einkünfte. In der Bilanz 2020 betrug das tatsächliche Umsatzminus im Vergleich zu 2019 rund 320 Millionen Euro auf 4,1 Milliarden Euro. Dem EBT von 59 Millionen Euro standen 2019 knapp 170 Millionen Euro gegenüber. 

Für das heurige Jahr sind Matthä und Finanzchef Arnold Schiefer immerhin so optimistisch, dass sie mit einem Ergebnis (EBT) von hundert Millionen Euro rechnen. Wie viel externe Hilfe dafür nötig sein könnte, ist noch unklar. Allein mit rund 50 bis 60 Millionen Euro könnte der Betrieb auf der Weststrecke gestützt werden.

2020 kamen aus öffentlichen Kassen 198 Millionen Euro. Davon rund 90 Millionen Euro, um die Züge in der Krise überhaupt weiterfahren zu lassen. Man wollte trotz der Lockdowns die Bahn als stabilsierenden Faktor in der Mobilität aufrechterhalten. Die  Schienenmaut zur Benutzung des Netzes wurde um rund 60 Millionen Euro gesenkt. Diese Maßnahme gilt vorerst bis Juni, dürfte aber verlängert werden.

Verzögerung beim Semmering-Basistunnel

25,6 Millionen Euro flossen den ÖBB aus Kurzarbeitsmitteln zu. Von März bis Juni 2020 waren 6000 Mitarbeiter vor allem im Güterbereich in Kurzarbeit. Die Einzelwagenförderung im Güterverkehr, die genau wie die Kurzarbeit auch anderen Bahnen zusteht, wurde um 13 Millionen angehoben. Aus dem Epidemiegesetz standen der Bahn sieben Millionen Euro zu. Das fast 200 Millionen Euro schwere Bahnpaket war laut Matthä "goldrichtig", weil man so "eine Bahnkrise", von der extrem vielen Unternehmen betroffen gewesen wären, vermieden habe. 

Die Hilfen, mit der die ÖBB und die Westbahn auf der Weststrecke massiv gestützt werden, summierten sich 2020 auf 40 Millionen Euro, wobei die Ticketerlöse direkt an den Bund abgeführt wurden.

Die großen Infrastrukturinvestitionen passieren indes auf der Südstrecke, wo Ende 2025 mit der Eröffnung des Koralmtunnels eine Fahrzeit von 45 Minuten zwischen Graz und Klagenfurt ermöglicht wird. Gravierende technische Probleme sorgen allerdings beim Semmering-Basistunnel für Verzögerungen bis voraussichtlich 2027. "Wir hoffen, dass wir es dieses Mal schaffen. Wir bohren uns da von Wasserloch zu Wasserloch," so Finanzchef Arnold Schiefer. 360 Millionen Euro mehr mussten für die Fertigstellung bisher budgetiert werden.