Die Gewerkschaft sieht akuten Handlungsbedarf bei den Arbeitsbedingungen in der Paketbranche. Selbstständige Paketzusteller würden bis zu 16 Stunden, sechs Tage die Woche, arbeiten, sagte vida-Gewerkschafter Karl Delfs zur APA. Deswegen fordert die Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida von der Regierung eine Lenkerzeit-Aufzeichnung für Zusteller, eine Versenderhaftung und schärfere Kontrollen der Finanzpolizei.

Der Gewerkschaft kritisiert seit langem "den hohen Grad an Scheinselbstständigkeit" bei privaten Paketzustellern. Viele Paketboten arbeiten für Subfirmen als Selbstständige und werden pro Paket bezahlt. Seit der Coronakrise hat sich der Boom im Online-Handel weiter verstärkt. Das Paketaufkommen ist bei manchen Zustellern in der Vorweihnachtszeit im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte gestiegen. Die Paketzusteller sind damit einmal mehr unter Dauerstress. Im Vorjahr musste ein Bote vor Weihnachten bis zu 200 Pakete pro Tag ausliefern, dieses Jahr sind es laut Schätzungen von Gewerkschafter Delfs zwischen 250 und 300 Pakete.

"Wilder Westen"

Die Gewerkschaft und die SPÖ fordern seit längerem eine Generalunternehmerhaftung bei der Vergabe von Botendiensten an Subfirmen. Sie kritisieren, dass die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und (Schein-)Selbstständigen oft unzumutbar seien, während sich die großen Paketdienstleister aus der Pflicht stehlen würden. Um extreme lange Arbeitszeiten zu verhindern, fordert die Gewerkschaft außerdem von der Regierung, dass die Aufzeichnung von Lenk- und Ruhezeiten auch bei Fahrzeugen unter 3,5 Tonnen eingeführt wird. "Momentan ist das noch immer Wilder Westen", sagte Delfs.

Scheinselbstständigen

Von der Regierung hat es laut Gewerkschaft im vergangenen Jahr keine Initiativen gegeben, die Arbeitsbedingungen in der Paketbranche zu verbessern. Bei den Scheinselbstständigen gebe es "ein selbstausbeuterisches Fahren rund um die Uhr", kritisierte der Gewerkschafter. Handlungsbedarf sieht er auch bei der Finanzpolizei, die Scheinselbstständigkeit in der Paketbranche stärker prüfen müsse. Andere Länder in Europa - etwa Frankreich und Belgien - seien bei Arbeitsbedingungen im Güterverkehr und bei der Paketzustellung "viel strenger" als Österreich.

Für angestellte Fahrradboten, Essenszusteller und Lastenfahrrad-Kuriere einigten sich Gewerkschaft und Wirtschaftskammer im Herbst 2019 erstmals auf einen eigenen Kollektivvertrag, der seit Jänner 2020 gilt. Laut Gewerkschaftsangaben sind alle Zusteller bei Lieferando nach Kollektivvertrag angestellt, bei Mjam sind es hingegen nur rund 10 Prozent.