Rekord! Schon wieder – der neue Höchstwert übertrifft sogar die Erwartungen der Post. Anfang Dezember sprang die Zahl der an einem Tag eingesammelten, sortierten und verteilten Pakete erstmals über die Million, diese Woche auf die Marke von 1,3 Millionen – eine Steigerung um 70 Prozent im Vergleich zum stärksten Tag des Vorjahres.

In der Mitte des derzeit größten Verteilzentrums der Post in Österreich in Kalsdorf bei Graz stehen Paletten mit turmhoch geschlichteten Packerln, die auf die Sortierung warten, dicht an dicht. „Wir haben heute wieder viel vor“, sagt Andrea Pilz-Kapfinger im Ton der routinierten Fachfrau. In den Hallen, 27.000 Quadratmeter groß und seit Juli im Vollbetrieb, riecht es neu. Die Förderbänder summen dezent, man hört, wie Pakete vom Band auf die Rutschen gleiten; bereit für den Weitertransport oder die Zustellung. Durch lange Gänge sausen Männer auf E-Scootern, Hubstapler rollen geräuschlos herbei, heben Paletten an, schieben sie von da nach dort. Es ist kurz vor Mittag – und noch relativ ruhig.

„Die Rush Hour“, erklärt Pilz-Kapfinger, „beginnt am Nachmittag und dauert die ganze Nacht. Zuerst sortieren wir die Pakete, die das Bundesland verlassen. Danach machen wir das Gleiche mit den Paketen, die ab Tagesanbruch in der Region an die Empfänger zugestellt werden. Dann ist hier wirklich viel los. Der Vormittag ist die Zeit, wo wir uns aufwärmen.“

Rund um die Uhr

Dass die Arbeit so geordnet wirke, habe noch einen weiteren Grund, so Pilz-Kapfinger: „Die Anlage ist, was Größe, Technik und Organisation betrifft, auf dem letzten Stand. Ein ideales Umfeld.“

13.000 Pakete pro Stunde und 200.000 pro Tag können hier umgeschlagen werden, derzeit stößt die Post aber auch in Kalsdorf an diese Grenzen, sagt die Chefin der Brief- und Paketlogistik der Österreich-Region Mitte. Seit Mitte November wird an sieben Tagen die Woche in drei Schichten gearbeitet. Nahezu rund um die Uhr; nur in der Früh nimmt man sich Zeit für eine Wartung. „Derzeit haben wir an einem Tag so viele Sendungen wie im Sommer in einer Woche nicht.“

Die Linzerin Pilz-Kapfinger, seit 30 Jahren bei der Post und Vollblut-Logistikerin, macht den „Weihnachtsverkehr“ bereits zum 20. Mal mit. „Früher hatten wir nicht diese Technik, machten viel mehr händisch, aber es gab auch nicht diese Mengen.“

Mensch und Maschine

In modernen Verteilzentren läuft vieles automatisch – und doch arbeiten in Kalsdorf rund 90 Männer und Frauen je Schicht. Am vergangenen Montag etwa fertigten sie 2200 eingehende Rollcontainer voller Pakete ab.

„Die Mitarbeiter sind körperlich und mental am Ende“, warnte Post-Gewerkschafter Helmut Köstinger an einem der ersten Rekordtage. „Die Belegschaft ist hoch motiviert und verlässlich, die Stimmung gut“, hält die Chef-Logistikerin entgegen. Die aktuelle Gemengelage aus Lockdown, Lockangeboten im Handel und Weihnachtseinkäufen treibe die Belastung freilich zu neuen Spitzen: „Das ist für alle – von der Sortierung bis zur Zustellung – eine gewaltige Aufgabe.“ Das Verteilzentrum ist bereits für einen Ausbau auf 20.000 Pakete je Stunde ausgelegt. Denn der Boom werde anhalten.

Mit neun km/h transportiert die Förderanlage die Pakete durch die Halle. Im „Datentunnel“ werden sie gewogen, vermessen, der Barcode via Laser ausgelesen und damit die Güter zu den richtigen Zielcontainern geleitet. Auf diesen Containern kleben – zur Kontrolle – Zettel mit Postleitzahlen und der Zeit des Weitertransports. „Es ist alles genau getaktet. Und diese Bezettelung ist das A&O“, betont Pilz-Kapfinger. „Logistik ist eine Symbiose aus Mensch und Maschine.“

Wenn es länger dauert

Kann ein Paket weder vom Laser, noch von der Videocodierung zugeordnet werden, muss es händisch in das System eingespeist werden. Das gilt auch für die bis zu 2500 Sperrgutpakete am Tag: Im ersten Lockdown waren dies Fahrräder, Scheibtruhen, Rasenmäher, Hochbeete und Rosensträucher, jetzt sind es große TV-Schirme und (zerbrechliche) Weinpakete.

„Wenn in der Früh alles weg ist, haben wir einen guten Job gemacht“, sagt Pilz-Kapfinger. Bei den derzeitigen Mengen ist jedoch mit längeren Wartezeiten zu rechnen, erklärt Vorstandschef Georg Pölzl und bittet um Verständnis. Aktuell betrage die Verzögerung ein bis zwei Tage, in einigen Fällen mehr. Pölzl rechnet 2020 nicht mehr mit 150 Millionen, sondern bereits mit 160 Millionen Paketen. 2019 transportierte die Post 127 Millionen Stück.

„Ich habe bereits sehr viele Kilometer auf Hallenböden in den Beinen“, sagt Pilz-Kapfinger, eine der wenigen Frauen in dieser Position. „Mehr Frauen wären mein Wunsch, aber es ist zugegeben nicht ganz einfach.“