Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer fordert für die Zeit nach dem Lockdown längere Öffnungszeiten und das Aufsperren für den Handel auch am Sonntag. Einerseits soll damit der Umsatz in der Vorweihnachtszeit noch angekurbelt werden, andererseits gehe es auch "um das Entzerren der Kundenströme", sagte Mahrer im Ö3-Frühjournal des ORF-Radio. Im Hintergrund plant die Regierung offenbar die Umsetzung dieser Maßnahmen.

Dieser Vorstoß ist aber kammerintern nicht abgesprochen.Peter Buchmüller, Präsident der Wirtschaftskammer Salzburg und selbst Händler, erklärt im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: "Das wäre für den Handel nicht gut, speziell für kleine und mittlere Betriebe." Buchmüller gibt zu bedenken, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen 100-prozentigen Zuschlag bekommen müssten. "Die Frage ist, für wen das dann ein Geschäft ist - nur für die Großen", sagt Buchmüller.

Kammer bisher kritisch

Dazu kommt, dass sich die Wirtschaftskammer auch in der Vergangenheit gegen die Sonntagsöffnung im Handel ausgesprochen und sich dabei auf Umfragen unter den Handelsbetrieben berufen hat. "Wenn wir jetzt an den Sonntagen aufmachen, bekommen wir die Diskussion nicht mehr weg", warnt Buchmüller.

WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik betonte gegenüber der APA in einem schriftlichen Statement: "Die Öffnung an den zwei verbleibenden Sonntagen vor Weihnachten ist einer von mehreren Vorschlägen. Weitere Maßnahmen, an die die WKÖ denkt, sind etwa eine Verlängerung der Öffnungszeiten oder aber das Einrichten von Personenleitsystemen." Hier brauche es pragmatische Lösungen, damit die Österreicher einkaufen gehen können, ohne sich anzustellen. "Ziel muss es sein, Kundenströme zu entzerren."

Skeptischer Handelsverband

Auch der Handelsverband gibt zu bedenken, "dass die Personalkosten im Handel unter der Woche nach 18:30 Uhr, am Samstag ab 13:00 Uhr und am Sonntag generell aufgrund von Zuschlägen um ein Vielfaches höher sind", so Handelsverbandsgeschäftsführer Rainer Will am Donnerstag. Das sei gerade für viele kleinere Betriebe, die seit mehr als neun Monaten massiv unter der Coronakrise litten, "nicht leicht zu heben".

Überdies könne nicht jeder Händler von Umsatzzuwächsen ausgehen, in manchen Bereichen würde lediglich eine Umsatzumverteilung stattfinden. "Es darf daher keinesfalls zu einer Offenhaltepflicht kommen", so Will.

Gewerkschaft verärgert

Mehr als "überrascht und verärgert" über die Vorgehensweise von Mahrer zeigt sich im Gespräch mit der Kleinen Zeitung die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Barbara Teiber: "Mit uns hat es darüber keine Gespräche gegeben", betont sie. Und inhaltlich zur Forderung: "Wir sind sehr skeptisch. Bei bisherigen Befragungen waren immer 90 Prozent der Beschäftigten im Handel gegen eine Öffnung am Sonntag. Die Geschäftszeiten können nach dem Lockdown ohnehin wieder auf 21 Uhr ausgedehnt werden. Uns stellt sich die Frage, wie man hier mit den Helden der Krise umgehen will", sagt Teiber.

"Da bricht soviel zusammen"

Die "Allianz für den freien Sonntag", zur der neben den Kirchen auch Gewerkschaften und zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen gehören, ist auch im Coronajahr gegen eine Sonntagsöffnung in der Vorweihnachtszeit. Gerade die Handelsangestellten, die in den vergangenen Monaten arg drangekommen seien und sich einem gesundheitlichen Risiko aussetzten, bräuchten die Erholung am Sonntag, sagte Allianz-Koordinatorin Daniela Ebeert am Donnerstag zur APA.

"Der Sonntag ist ein wichtiges wirtschaftliches Kulturgut in Österreich", so Ebeert. Die Menschen bräuchten einen gemeinsamen freien Tag, Kinder ihre Eltern. Wenn jeder an einem anderen Tag frei hätte, wären zum Beispiel ehrenamtliche Tätigkeiten gar nicht mehr möglich. "Da bricht so viel zusammen."

Mahrer: Regional einkaufen

Der Wirtschaftskammer-Chef plädierte dafür, auch beim Online-Shopping "regional-digital" auf österreichischen Shopping-Portalen einzukaufen. "Wichtig ist jetzt, dass die Umsätze in Österreich bleiben." Der Lockdown sei ein schwerer Schlag für den Handel. "Die haben sich alle eingedeckt mit Ware für das Weihnachtsgeschäft, das ist für den Handel die stärkste Zeit im Jahr."

Erst im Zuge des neuerlichen Lockdowns waren die Öffnungszeiten im Handel - nach einigen Debatten - auf 19 Uhr verkürzt worden.