Der börsennotierte Stahl- und Technologiekonzern Voestalpine hat erneut eine Gewinnwarnung abgesetzt. Das Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende März) werde mit Einmaleffekten von rund 360 Millionen Euro belastet, teilte der Konzern nach der Vorstandssitzung mit. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) soll gegenüber dem Vorjahr von 779,4 Millionen Euro auf "gerade noch positiv" zusammenschmelzen.

Auch die Prognose für das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) wurde heute von zuletzt 1,3 Milliarden auf 1,2 Milliarden Euro noch einmal nach unten geschraubt. Diese "Guidance" war erst Anfang November bei der Präsentation der Halbjahreszahlen für 2019/20 von 1,6 auf 1,3 Milliarden Euro deutlich gesenkt worden. Bis dahin war man von einem "stabilen Ergebnis" ausgegangen. Auch die Dividende für 2019/20 soll nun entsprechend gekappt werden.

"Kein Stellenabbau in Österreich"

Vorstandschef Herbert Eibensteiner informierte am späten Nachmittag über die Hintergründe der Gewinnwarnung. In einer Telefonkonferenz ließ er wissen, dass trotz der schwierigen Rahmenbedingungen "kein Stellenabbau an den österreichischen Standorten" geplant sei, auch Kurzarbeit sei derzeit kein Thema. In Deutschland, wo es etwa in Wetzlar bereits Kurzarbeit gebe, sei indes im nächsten Jahr mit einem Abbau von rund 200 Beschäftigten zu rechnen. Zudem werden 125 befristete Arbeitsplätze, die heuer mit Jahresende auslaufen, nicht verlängert.

Schon im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte die voestalpine mit zwei Gewinnwarnungen aufhorchen lassen. Das EBIT war 2018/19 um 34 Prozent auf knapp 780 Millionen Euro eingebrochen, das EBITDA um knapp 20 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro.

Mehrere Belastungseffekte

Den Konzern belasten vor allem die deutlich gebremste Automobilkonjunktur, massive Anlaufschwierigkeiten infolge von Managementfehlern im neuen US-Autowerk in Cartersville, höhere Rohstoffkosten, das international generell schwächere wirtschaftliche Umfeld sowie die US-Strafzollpolitik. Bei letzterer sind die "indirekten Effekte" deutlich schwerwiegender als anfangs eingeschätzt. Erst vergangene Woche hatte die Voest zudem eine empfindliche Kartellstrafe in Höhe von 65,5 Mio. Euro wegen illegaler Preisabsprachen bei Grobblechen in Deutschland ausgefasst.

175 Millionen Euro entfallen auf Werk in Texas

„Wir bewerten die zukünftigen Markterwartungen angesichts der neuen Rahmenbedingungen nun deutlich vorsichtiger als ursprünglich geplant. Wir müssen daher unsere Erwartungshaltung betreffend der Werthaltigkeit einzelner Gesellschaften zurücknehmen und einmalige Sonderabschreibungen vornehmen“, so Eibensteiner. „An unserer langfristigen strategischen Ausrichtung ändert sich nichts. Wir werden uns weiterhin auf technologieintensive Bereiche mit höchstem Qualitätsanspruch konzentrieren.“

Die größte Einzelabschreibung entfällt mit 175 Millionen Euro übrigens auf das Werk in Texas. Die 2017 in Vollbetrieb gegangene Direktreduktionsanlage produziere jährlich rund zwei Millionen Tonnen Eisenschwamm (HBI) als Vormaterial für die eigene Stahlproduktion in Österreich und für Kunden vorwiegend aus Nordamerika. Das HBI-Werk sei "von den aktuell hohen Eisenerzpreisen und niedrigen Schrottpreisen besonders stark betroffen und diese Marktvolatilitäten werden zukünftig weiter zunehmen", teilt das Unternehmen mit. 

Die aktuelle "Belastung" durch Einmaleffekte im Volumen von 360 Millionen Euro umfasse im Wesentlichen "Sonderabschreibungen aufgrund von Wertminderungen von Vermögensgegenständen" (Impairment) und sei "Ausfluss der im letzten Ausblick angekündigten Analyse möglicher Auswirkungen der geänderten globalen ökonomischen Rahmenbedingungen auf die wesentlichen Geschäftsbereiche der voestalpine", hieß es in der heutigen Unternehmensaussendung. Zudem seien - in geringerem Umfang - auch "Vorsorgen für Risiken mit negativen finanziellen Auswirkungen" gebildet worden. Die Einmaleffekte reduzierten das heurige EBIT und seien in einer Höhe von rund 80 Mio. Euro auch EBITDA-wirksam, teilte die voestalpine weiters mit.

Schon im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2019/20 vermeldete der Konzern einen Gewinneinbruch. Der Nettogewinn ging gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 64 Prozent von 320 Millionen auf 115 Millionen Euro nach unten. Anfang November gab der CEO Herbert Eibensteiner zudem bekannt, dass sich das Management "auf ein weiteres schwieriges Jahr" vorbereite und auch im kommenden Geschäftsjahr 2020/21 keine Verbesserung erwarte.