Mit Ihrem israelischen Unternehmen Fsight wollen Sie mit künstlicher Intelligenz die Energiewelt revolutionieren. Was haben Sie vor?
EVELINE STEINBERGER-KERN: Die Energiewelt verändert sich fundamental. Die Erzeugung wird immer dezentraler mit viel mehr erneuerbaren Energieressourcen. Zugleich wird Speichertechnologie ökonomisch einsetzbar. Da wir Energie nicht nur verbrauchen, sondern auch zunehmend selbst produzieren und keine langen Wege von zentralen Kraftwerken zu Verbrauchsstätten benötigen, verändert das unser System. Wir werden zu Prosumern. Fsight kann mit ihrer KI-gestützten Software Verbrauch und Nachfrage per Knopfdruck optimieren.

Wie geschieht das konkret?
Wenn ich eine Photovoltaikanlage auf dem Dach habe und im Ort eine Gemeinschaftsbatterie, rechnet die Software aus, wann es am günstigsten ist, den eigenen Strom zu verbrauchen, ihn zwischenzuspeichern oder ihn vom Markt zuzukaufen, weil die Preissignale passen. Das optimiert Angebot und Nachfrage herunter bis auf Haushaltsebene.

Im Dorf sind alle per App als Prosumer dabei?
Ja, wir sprechen von Microgrids, Mikronetzen. Die ersten Energy Communities gibt es in Kalifornien und Australien, wo die Regulierung es schon zulässt. In Österreich ist die Anpassung der Regulierung noch ausständig, wird aber in nächster Zeit kommen. Als Forschungs- und Entwicklungsprojekt darf das aber bereits heute passieren.
Die Prosumer switchen zwischen Mikronetz und zentralen E-Versorgern, die Sie allerdings noch überzeugen müssen?
Das ist auf dem Weg. Bis man das Neue flächendeckend anwenden kann, wird es noch ein bisschen dauern. Spätestens 2030 ist das aber State of the Art. In Wien laufen schon F&E-Projekte dieser Art. Vor allem Immobilienentwickler denken die neue Energiewelt schon heute mit.

Fsight ist ein Start-up?
Wir verstehen uns als Softwareentwickler. Die Idee entstand 2014, das Unternehmen wurde 2015 gegründet. Israel hat topqualifizierte Softwareingenieure. Hier arbeiten wir mit Dalia, Verbund und anderen Energieversorgern sowie Industrieunternehmen wie Andritz zusammen. Man kann damit besonders auch auf betrieblicher Ebene optimieren.

Was kann Ihr Algorithmus?
Mehr als 30 verschiedene Algorithmensets auf Basis der Deep-Learning-Technologie können ganz präzise voraussagen, wie sich Verbrauch und Preise entwickeln werden, um die Optimierung durchführen zu können und Peer-to-Peer-Trading zu ermöglichen.

Wie viel erwirtschaftet Fsight?
Wir haben bereits Kunden in Österreich, Deutschland, Griechenland, Israel und in der Türkei. Wenn die Regulierungen nachgezogen sind, erfolgt die Skalierung und Ausrollung. Ein Leuchtturmprojekt betreiben wir im Kibbuz Maale Gilboa in Israel.

Warum von Isreal aus?
2015 fand ich dort ein positives Ökosystem vor. Die richtigen Partner, Risikokapital und Talente. Wir haben 19 Mitarbeiter, davon 15 Softwareleute.

Wie ist Fsight bewertet?
Derzeit ist das Unternehmen mit rund 15 Millionen Euro bewertet.

Ihr Ehemann Christian Kern ist auch mit an Bord?
Ja, mein Mann ist seit Dezember Chairman of the Board – mit ihm bringen wir Fsight in eine andere Liga. Ich bin Gründerin und im Board aktiv. Wir halten den größten Anteil an Fsight. An Energy Hero halten wir als Blue-Minds-Gruppe 40 Prozent, die Haselsteiner-Privatstiftung 60 Prozent. Dort haben wir weit über 10.000 Kunden.

Und bei WeXelerate in Wien?
Dort bringen wir uns engagiert ein und sind mit 17,6 Prozent der zweitgrößte Shareholder.

Das Geschäft fällt schwerer, seit Ihr Mann nicht mehr Bundeskanzler ist?
Das macht keinen Unterschied.