Eine Tochterfirma des steirischen Anlagenbauers Andritz hat angeblich Zahlungen für einen Auftrag in Venezuela geleistet. Das behauptet laut "Addendum" ein ehemaliger Geschäftsführer, demzufolge Millionenzahlungen über dubiose Beraterverträge abgewickelt wurden. Geschehen sei das rund um die Modernisierung des venezolanischen Riesenwasserkraftwerks Guri vor mehr als zehn Jahren.

Die zur börsenotierten Andritz-Gruppe gehörende VA Tech Hydro hatte von der venezolanischen CVG Edelca den Auftrag zur Erneuerung des Wasserkraftwerks Simon Bolivar in Guri erhalten. Der Auftragswert betrug rund 100 Millionen Euro und ging etwa zu gleichen Teilen an die beiden Konsortialpartner Andritz und Voith Siemens Sao Paulo, teilte Andritz Ende Jänner 2007 mit. Als das Kraftwerk kürzlich ausfiel, blieb Venezuela dunkel.

Versteckte Zahlungen

Der Auftrag umfasste demnach die Rehabilitierung von fünf Francisturbinen und wurde unter Federführung der zu Andritz VA Tech Hydro gehörenden VA Tech Escher Wyss ausgeführt. Der Auftragsteil von VA Tech Escher Wyss umfasste die Lieferung und Montage von drei neuen Laufrädern und anderen Turbinenteilen.

Nun will ein früherer Manager, konkret Geschäftsführer der Andritz-Hydro-Tochterfirma in Morelia, Mexiko, der diese Funktion vor 10 bis 7 Jahren innehatte, Zeuge von Schmiergeldzahlungen rund um das venezolanische Projekt geworden sein. Es habe versteckte Zahlungen an Entscheidungsträger gegeben, um den Zuschlag bei Auftragsvergaben in Venezuela zu erhalten, so "addendum". Das sage der Manager nicht nur im Interview, er habe auch eidesstattliche Erklärungen abgegeben.

Schmiergeldsystem

Darüber hinaus seien ihm auch Umstände bekannt geworden, die darauf hindeuten würden, dass das Schmiergeldsystem auch im Rahmen anderer Projekte zum Einsatz kommen sollte, schreibt das Magazin im Besitz des Milliardärs Dietrich Mateschitz. Involviert sei unter anderem ein Mann gewesen, der heute im Konzernvorstand von Andritz sitzt.

"Es gab eine Liste, an wen Geld versprochen worden ist. An verschiedene Würdenträger, sowohl innerhalb der Edelca als auch innerhalb des Ministeriums", zitiert "addendum" den früheren Manager. Dahingehend seien mit zwei vermeintlichen Beratern bzw. Subunternehmern aus Venezuela Verträge abgeschlossen worden, bei denen "keine Leistung dahintergestanden" sei. "Das sind Kommissionen gewesen, die an die beiden Herren ausgezahlt worden sind mit der Bitte, diese auch an die entsprechenden Einheiten in Venezuela zu überbringen."

Unterschrift verweigert

Die Gelder seien Entscheidungsträgern in Venezuela "versprochen" gewesen. Einen Vertrag habe der frühere Manager "auf Anweisung eines Aufsichtsratsmitglieds" selbst unterzeichnet. Beim zweiten Vertrag habe er sich geweigert. Dieser sei rückdatiert gewesen auf einen Zeitpunkt, zu dem er selbst noch gar nicht im Unternehmen tätig war.

Diesen Kontrakt hätten dann die vorigen Geschäftsführer unterschrieben. In beiden Verträgen zusammen soll es um rund 3 Millionen Euro gegangen sein. Dem Manager sei von einem anderen Andritz-Manager aus Deutschland dann noch gesagt worden, er solle die Verträge zu Hause aufbewahren. "Wenn es da mal eine Prüfung gibt, dann ist das schwierig", habe es geheißen; auch der deutsche Manager handhabe das angeblich so.

Das sagt Andritz dazu: "Keine Beweise"

Addendum ließ Andritz eine umfangreiche Liste mit Fragen zukommen. Detailfragen zu den Beratern und Projekten ließ der Konzern offen. Grundsätzlich teilte ein Sprecher mit:

„Die anlässlich der Beendigung seines Dienstverhältnisses an den Vorstand der Andritz AG kommunizierten Schilderungen von Herrn Sousa betreffend Vorgänge aus seiner Zeit als Geschäftsführer einer Niederlassung in Mexiko sind uns bekannt und haben unmittelbar nach deren Eingang zu einer vom Vorstand der Andritz AG angeordneten umfassenden Compliance-Untersuchung durch die Interne Revision unter Einbindung externer Anwälte geführt. Im Verlaufe dieser Untersuchungen wurde auch Herrn Sousa umfassend Möglichkeit eingeräumt, alle Informationen darzulegen und seine Beobachtungen vorzutragen. Diese Untersuchungen ergaben keine stichhaltigen Beweise für unzulässige Zahlungen.“

Korruption habe keinen Platz

Detailinformationen zur Compliance-Untersuchung will Andritz nicht preisgeben, da derartige Ergebnisse „grundsätzlich vertraulich“ behandelt würden. Andritz weise jeden Vorwurf, den Informationen nicht gründlich nachgegangen zu sein, zurück.

Zusammengefasst heißt es: „Jedenfalls hat Korruption bei Andritz keinen Platz. Wir verfolgen eine Zero-Tolerance-Policy und haben auch ein umfassendes Compliance Management System eingeführt, das dazu dient, Compliance-Verstößen vorzubeugen.“

Auch gegenüber der Austria Presse Agentur hielt die Andritz AG am Mittwoch fest, dass es nach den Vorwürfen zu einer internen Untersuchung gekommen sei, deren Ergebnisse jedoch nicht veröffentlicht werden. Ein Sprecher erklärte demnach, die angeblichen Schmiergeldzahlungen in Venezuela habe man "nicht zur Gänze aufklären können. Es gab keine Beweise für Korruption, aber auch keine Sicherheit für das Gegenteil". Personelle Konsequenzen habe es dennoch gegeben.