Mit dieser Einigung hatten die wenigsten gerechnet – Warnstreiks waren bereits vor der vierten Verhandlungsrunde für kommenden Montag anberaumt worden. Und die Forderung der Arbeitnehmer und das Angebot der Arbeitgeber lagen vor dem Verhandlungsstart enorm weit auseinander. Doch gegen ein Uhr früh – nach mehr als zwölfstündigem Ringen – gab es tatsächlich einen kaum für möglich gehaltenen Durchbruch, die Warnstreiks sind damit abgewendet worden.

Die Sozialpartner der Metalltechnischen Industrie haben sich auf einen Kollektivvertrag (KV) geeinigt. Die 130.000 Mitarbeiter erhalten im Schnitt eine Erhöhung der IST-Löhne um 7,4 Prozent, wobei sich die Erhöhung aus einem Plus von 5,4 Prozent und einer monatlichen Zahlung von 75 Euro zusammen setzt. Arbeiter erhalten je nach Lohngruppe eine IST-Erhöhung zwischen acht und 8,9 Prozent, Angestellte von sieben Prozent.

KV gilt rückwirkend ab 1. November

Der Mindestlohn steigt auf 2236 Euro brutto. Die Lehrlingsentschädigung wird stufenweise bis 2024 auf 1050 Euro im Monat im ersten Lehrjahr angehoben. Der KV gilt rückwirkend ab 1. November 2022.

Die Lehrlingseinkommen steigen in drei Etappen bis November 2024 auf 1050 Euro (erstes Lehrjahr), 1270 Euro (zweites), 1625 Euro (drittes) und 2110 Euro (viertes Lehrjahr).

Gut zwölf Stunden verhandelt

Für die Einigung waren vier Verhandlungsrunden notwendig, heute wurde gut zwölf Stunden in der Wirtschaftskammer in Wien verhandelt. Die Arbeitnehmervertreter der GPA und PRO-GE waren mit einer Forderung von plus 10,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt in die Verhandlungen gestartet. Basis für das Feilschen ist traditionell die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate, diese lag bei 6,4 Prozent.

"Reallohnzuwachs in außergewöhnlicher Situation"

Nach der nächtlichen Einigung zeigten sich die Arbeitnehmervertreter Karl Dürtscher (GPA) und Rainer Wimmer (PRO-GE) zufrieden mit dem Abschluss, schließlich sei dieser nachhaltig, da Einmalzahlungen, wie von den Arbeitgebern gewünscht, nicht kommen. Weiters wurde betont, dass insbesondere die niedrigen Einkommen angehoben werden. "Es ist uns gelungen, in einer außergewöhnlichen Situation einen Reallohnzuwachs zu erreichen", so Wimmer vor Journalisten.

"Damit Betriebe Planungssicherheit bekommen"

"Wir stehen vor sehr schwierigen wirtschaftlichen Zeiten. Der Krieg in der Ukraine wird weiterhin für eine angespannte Situation bei den Energiepreisen und der allgemeinen Teuerung sorgen, der Abschwung hat auch unsere Branche erreicht. Umso wichtiger ist es, dass wir einen Abschluss erzielen konnten und die Betriebe damit Planungssicherheit", betont Christian Knill, Obmann des Fachverbands der Metalltechnischen Industrie. Er sprach von einer "Anerkennung für die Leistungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter". Man sichere so ihre Kaufkraft, "nehmen aber auch Rücksicht auf die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Unternehmen". Es bleibe jedoch "unverständlich für uns, dass die Gewerkschaften das Angebot von steuerfreien Einmalzahlungen nicht angenommen haben, denn dies hätte den Beschäftigten einen noch deutlicheren Reallohnzuwachs gebracht", so Knill.

Forderungen lagen weit auseinander

Die Gewerkschaft hatte ursprünglich eine Lohn- bzw. Gehaltserhöhung von 10,6 Prozent gefordert. Das Letztangebot der Arbeitgeber nach der dritten Verhandlungsrunde war bei 4,1 Prozent plus eine Erfolgsbeteiligung gelegen. Damit würde die Jahresinflationsrate von 6,4 Prozent abgedeckt, so die Argumentation der Industrie.

Einigung oder Warnstreik

Wäre es in der Nacht zu keiner Einigung gekommen, hätte es am Montag Warnstreiks gegeben, wie die Arbeitgebervertreter Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) bereits angekündigt hatten.

In der Metalltechnischen Industrie sind rund 130.000 Personen beschäftigt, weitere 70.000 in anderen Metallindustrie-Sektoren. Die 1200 Betriebe der Metalltechnischen Industrie befinden sich zu einem erheblichen Teil in Familienbesitz.