Angesichts hoher Inflation steuert die US-Notenbank auf ein früheres Ende des Krisenmodus und eine Zinswende im nächsten Jahr zu. Viele Experten gehen davon aus, dass auf der geldpolitischen Sitzung am Mittwoch ein Beschluss gefasst wird, den Abbau der Anleihenkäufe zu beschleunigen. Fed-Chef Jerome Powell hatte jüngst im Kongress bereits ein entsprechendes Signal gegeben. Die Wirtschaft sei sehr stark und zugleich der Inflationsdruck hoch.

Die Verbraucherpreise stiegen im November um 6,8 Prozent und sind damit meilenweit über das Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent hinausgeschossen. Die Federal Reserve sei unter Handlungsdruck, sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer: "Die raschere Gangart der US-Notenbank ist absolut notwendig. Schließlich haben die USA bereits ein ernstes Inflationsproblem."

Stategieumkehr

Krämer erwartet, dass die Fed am Mittwoch das Einstellen ihrer Anleihekäufe wohl auf März nächsten Jahres vorziehen wird, womit sich eine erste Zinserhöhung bereits zur Jahresmitte abzeichne. Die US-Notenbank hält den Leitzins derzeit in einer Spanne von 0 bis 0,25 Prozent. Auf der Sitzung im September hatten die Währungshüter in ihrem Ausblick bereits signalisiert, dass es 2022 eine Zinserhöhung geben könne. Bei einem Schritt nach oben werde es aber wohl nicht bleiben, meint Experte Krämer: Die Fed werde gezwungen sein, ihren Leitzins nach einem ersten Schritt zur Jahresmitte in jedem Quartal um jeweils einen Viertel Prozentpunkt anzuheben - bis auf 1,00 Prozent zum Jahresende 2022.

Zunächst muss die Notenbank allerdings aus dem in der Coronapandemie 2020 eingeführten Krisenmodus heraus: Die Fed fährt seit Mitte November ihre Wertpapier-Zukäufe um monatlich 15 Milliarden Dollar (13 Mrd. Euro) zurück. Dieser Prozess der geldpolitischen Normalisierung läuft im Fachjargon unter dem Begriff Tapering. Das gesamte Ankaufvolumen von anfangs 120 Milliarden Dollar monatlich wäre erst Mitte nächsten Jahres abgeschmolzen, wenn dieses Abbautempo beibehalten würde. Der Abschluss des Tapering gilt als Voraussetzung für eine Zinserhöhung.

Schnelle Zinswende

Fed-Direktor Christopher Waller hatte angesichts der rapide steigenden Preise bereits eine Verdoppelung des Tempos gefordert, um schneller zu einer Zinswende gelangen zu können. Die Notenbank hatte lange an dem Dogma festgehalten, dass der durch pandemiebedingte Lieferengpässe und kräftig anziehende Energiepreise getriebene Inflationsschub nur ein vorübergehendes Problem sei. "Doch Powell hatte zuletzt in Bezug auf Preissteigerungen das Wort "vorübergehend" aus seinem Wortschatz gestrichen", erläuterte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Laut dem Fed-Chef wird die Notenbank ihre Instrumente nutzen, um sicherzustellen, dass sich der erhöhte Preisdruck nicht verfestigt.

Die Federal Reserve soll für stabile Preise sorgen und Vollbeschäftigung fördern. Inmitten der Abkehr vom Krisenmodus sieht sie sich allerdings mit einer stockenden Erholung am Arbeitsmarkt konfrontiert. Und der personelle Aderlass zu Beginn der Pandemie in den USA im Frühjahr 2020 wirkt noch nach: Der Verlust an Jobs gegenüber dem Vorkrisenniveau beläuft sich laut Experten auf noch immer knapp vier Millionen Stellen. Ökonom Brian Nick vom Vermögensverwalter Nuveen geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Fed eine Zinswende nicht offensiv angehen wird. Sie habe schließlich zugesichert, nicht einmal über eine Anhebung nachzudenken, bis Vollbeschäftigung erreicht sei. Dieser Begriff lasse allerdings Spielraum für Interpretation. Die Lehre aus dem letzten Konjunkturzyklus sei, dass die Zentralbanken zu forsch eingeschritten seien und für einen zu starken Dämpfer gesorgt hätten. "Wir denken, dass die Fed nicht noch einmal eines Besseren belehrt werden möchte."