Als „unkalkulierbares Risiko“ bezeichnet Timo Springer, Präsident der Industriellenvereinigung Kärnten, den Plan der österreichischen Bundesregierung, ab Februar 2022 eine Impfpflicht zu verordnen. „Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Betrieben könnten angesichts dieser europaweit quasi einzigartigen Maßnahme Österreich den Rücken kehren und ihre Expertise Betrieben jenseits der Grenzen zur Verfügung stellen.“ Springer hält eine Impfpflicht gerade in Kärnten, wo man aufgrund der problematischen demografischen Entwicklung nicht in der Position für Experimente sei, für "ausgeschlossen".

Exodus ungeimpfter Mitarbeiter?

Die Industrie habe in nunmehr fast 20 Monaten der Pandemie eines bewiesen: „Sie kann mit der Pandemie gut umgehen und mit durchdachten Konzepten Österreichs Wirtschaft am Laufen halten. Über eine Million direkte Arbeitsplätze in der Industrie sichern dem Staat immense Steuereinnahmen. Einnahmen, die durch überzogene Corona-Maßnahmen in Gefahr geraten.“

Und das betreffe, so Springer weiter, in- und ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heimischer Betriebe gleichermaßen. „Slowenien, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Deutschland, Schweiz, Italien – überall in den Nachbarländern werden Fachkräfte dringend gesucht. Die Impfpflicht in Österreich könnte einen wahren Exodus auslösen“, appelliert Springer eindringlich, diese Maßnahme zurückzunehmen. Da stehe weitaus mehr als nur der aktuelle Aufschwung auf dem Spiel.

"Corona ist nicht alles"

Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich habe neben der Coronakrise noch ganz andere Probleme zu stemmen: „Die grüne Transformation der Wirtschaft, stockende Lieferketten und explodierende Vormaterialpreise sind ebenso zu bewältigen wie die Weiterentwicklung der Leistungen und Produkte, sowie die Innovationskraft, die unsere Wirtschaft stets geprägt hat“, meint Springer.

Springer hält es schließlich für höchst problematisch die Impfquote allein als Maßstab für das Ausmaß des Schutzes vor Corona heranzuziehen. Wenn man die Genesenen dazuzähle, komme man auf eine weitaus höhere „Quote“. 

Konträre Meinung des Bundes-IV-Chefs

Eine konträre Meinung zum Chef der Kärntner IV vertritt übrigens der bundesweite Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill: Die Impfung sei und bleibe der einzige Weg, die Lockdown-Spirale dauerhaft zur durchbrechen und zu wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Normalität zurückzukehren. "Als österreichische Industrie tragen wir daher die nunmehrige Entscheidung für eine allgemeine Impfpflicht mit“, stellte der IV-Präsident klar. Zusätzlich müssten durch konsequente Aufklärung sowie stringente Kommunikation aber endlich auch Rationalität, triftige Argumente und Fakten die Oberhand über ideologische Positionen und Weltanschauungen gewinnen.

„Wir müssen der grassierenden Faktenresistenz und zunehmenden Wissenschaftsfeindlichkeit entschlossen entgegentreten“, so Knill, der in einer Aussendung betont: „Die Pandemie ist ein naturwissenschaftliches Phänomen und kann daher mit Technik und Naturwissenschaft gemeistert werden. Dass sich leider immer noch zu viele Menschen geradezu in die Gefangenschaft ideologischer Dogmen und Meinungen begeben, ist dabei nicht hilfreich. Halten wir uns an die Fakten: Durch herausragende wissenschaftliche Leistungen haben wir mit der Impfung das Mittel der Wahl in der Hand. Nutzen wir es gemeinsam!“

Steirische IV auf Kurs

In der Industriellenvereinigung Steiermark weicht man grundsätzlich nicht vom Bundeskurs ab. „Die Impfung ist und bleibt der einzige Weg, die Lockdown-Spirale dauerhaft zu durchbrechen und zu wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Normalität zurückzukehren. Als Industrie akzeptieren wir daher die nunmehrige politische Entscheidung", erklärt IV-Steiermark-Chef Stefan Stolitzka - und ergänzt: "Bei der Frage des Impfstatus unserer ausländischen Mitarbeiter wäre wichtig, dass deren im Heimatland durchgeführte Impfung anerkannt wird, auch wenn sie mit einem bei uns nicht zugelassenen Impfstoff erfolgt ist.“

Die angekündigte Impfpflicht und die Angst, dass diese den Facharbeitermangel verschärft, sorgt in vielen Industrieunternehmen derzeit für Diskussionen, so viel steht fest.