Pro: Beim Benzinpreis kassiert der Staat mehr als Ölmultis

Ab einer Höhe von 1,79 Euro pro Liter müssen die Steuern runter. Sonst trifft es jene Menschen, die auf das Auto angewiesen sind und keine Alternative dazu haben.

Peter Amreich ist Vorstandsmitglied der Pendleriniative; ein gemeinnütziger Verein, der sich für die Anliegen der Pendler einsetzt. Amreich arbeitet bei der Telekom und ist dort Vorsitzender der Personalvertretung.

Der deutsche Verkehrsminister Scheuer schlägt vor, bei einem Benzinpreis von 1,99 Euro pro Liter im Gegenzug die Steuern zu senken, de facto eine Deckelung. Auch die EU überlegt bereits Maßnahmen um die Bevölkerung vor der Kostenlawine bei den Energiepreisen zu schützen. Eine sinnvolle Initiative, geht es doch darum den Wirtschaftsaufschwung nicht abzuwürgen und vor allem Verarmung in der Bevölkerung zu vermeiden.

Auch wenn uns die steigenden Preise an den Tankstellen die Zornesröte in das Gesicht drückt. Vater Staat kassiert beim Treibstoffpreis mehr ab als Ölmultis und Konzerne zusammen. Ein Nachgeben bei den Steuern auf Treibstoff in Österreich müsste spätestens bei einer Höhe von 1,79 Euro pro Liter eingeführt werden. Greift der Staat nicht ein, so heißt das, dass für Autofahrer die Entlastungen der kommenden Steuerreform zur Gänze in die Tankstellen fließt, was wohl nicht die Absicht der Regierung sein kann. Für alle Arbeitnehmer, die auf das Auto angewiesen sind, gilt es festzuhalten: Die Menschen fahren damit nicht zum Spaß zur Arbeit und zurück, vielfach gibt es keine Alternative. Es trifft aber nicht nur die Pendler, wenn die Tankfüllung 100 bis 120 Euro kostet: Wenn die Fahrtkosten eines Skitages höher als der Preis einer Liftkarte sind, dann hört sich der Spaß auf und kann auch dem Tourismus schaden. Der Benzinpreis steigt und das bleibt, laut Prognosen, bis in den Sommer des nächsten Jahres so. Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Ein radikales Umsteigen auf den Öffentlichen Verkehr bedeutet einen radikalen Ausbau. Das ist – wenn ich beispielsweise nur das steirische Landschaftsprofil hernehme – illusorisch. Die Kosten würden jeden vernünftigen Rahmen sprengen.

Tatsächlich wäre eine temporäre Benzinpreisdeckelung bzw. eine Steuersenkung das Mittel der Wahl. Eine kurzfristige Alternative ist nicht in Sicht. Das hindert niemanden, über Lenkungsmaßnahmen für intelligenteres, sparsameres Autofahren nachzudenken. Bekanntlich sind die letzten Kilometer zur Wohnung, zum Haus die teuersten. Wo bleiben die Vernetzungen der vielen lokalen und regionalen Beförderungsinitiativen (Gemeindetaxis etc.), von Fahrgemeinschaften unterstützt durch Mitfahrbörsen? Wo bleiben wirksame, spürbare Förderungen und Subventionen der öffentlichen Hand, die derartige Alternativen attraktiv machen? Wo bleibt der politische Wille, diese Initiativen aus der privaten Nische zu holen und etwa Regionalförderungen an eine breite Teilnahme daran zu knüpfen?

Kontra: Mobilitätswende statt teurer Sprit-Subventionierung nach Gießkannenprinzip

Ein Ausbau von Radwegen, Carsharing- und Öffi-Angeboten (Bus, Bahn) würde die Umwelt, unsere Gesundheit und die Geldbörse entlasten.

Johannes Wahlmüller ist Experte für Energie und Klimafragen bei der österreichischen Umwelt-NGO Global 2000. Er tritt seit Jahren für mehr klima–politische Akzente im Steuersystem ein.

Wer angesichts steigender Ölpreise nach einer staatlichen Subventionierung von Benzin- und Dieselpreisen ruft, sollte eines nicht vergessen: Das wäre teuer für uns alle. Öl muss importiert werden. Den Ölpreis bestimmen nicht wir, er wird auf internationalen Märkten festgelegt. Jede Subvention – ob durch Steuersenkungen oder direkte Subventionen – zahlen wir Österreicher:innen uns letztendlich selbst.
Jedes dritte Auto, das aktuell in Österreich gekauft wird, ist ein spritfressender SUV. Mit einer Obergrenze für den Spritpreis würden in erster Linie jene profitieren, die solch ein klimaschädliches Auto fahren, obwohl es umweltfreundlichere Alternativen gäbe. Eine staatliche Subventionierung von Benzin und Diesel ist teuer, unsozial und unökologisch.

Wer Pendler:innen wirklich unterstützen möchte, hat viel bessere, fairere Möglichkeiten: Aktuell ist die Pendlerpauschale als Freibetrag ausgestaltet. Jemand mit hohem Einkommen bekommt für die gleiche Fahrtstrecke mehr Geld als jemand mit niedrigem Einkommen. Würden wir uns an tatsächlichen Fahrtkosten orientieren, würden alle für die gleiche Strecke auch gleich viel Geld bekommen. Weiters sollte ein Anreiz gesetzt werden, überall dort, wo das heute schon möglich ist, auf Öffis umzusteigen. Im Regierungsprogramm ist eine Reform der Pendlerpauschale sogar vorgesehen. Umgesetzt wurde sie mit der jetzigen Steuerreform aber nicht.

Es geht aber um viel mehr. Wir von GLOBAL 2000 setzen uns für eine echte Mobilitätswende ein: Alle Österreicher:innen sollen wo überall möglich leistbar und komfortabel mit Bus oder Bahn zur Arbeit, in die Schule oder zum Supermarkt kommen. Autos sollen vor allem im dicht besiedelten Gebieten verstärkt über Carsharing angeboten und so ebenfalls ein Teil der Öffis werden. Gut ausgebaute Radwege helfen, Verkehr zu reduzieren. Über allem steht aber das Vermeiden von unnötigem Verkehrsaufkommen zur Entlastung unserer Umwelt, unserer Gesundheit und unseres Kontos. Die frei werdenden Flächen bieten Platz für Bäume, Parks, Radwege oder breitere Flaniermeilen. Dadurch steigt die Lebensqualität, die Verkehrsbelastung sinkt und wir alle können aufatmen.

Lassen wir die teure Subventions-Gießkanne für Benzin und Diesel also beiseite und fordern wir die Politik stattdessen auf, bereits gemachte Versprechen einzuhalten. Milliardengelder sollten wir in ein zukunftsfähiges Mobilitätssystem investieren und damit für ein gutes Leben für alle sorgen!