Der deutsche Energiekonzern E.ON zieht wegen der Preisexplosion beim Gas die Reißleine und stoppt im Heimatmarkt vorerst das Neukundengeschäft für Privatkunden. "Leider können wir Ihnen derzeit keine Erdgas-Produkte anbieten", teilte der Versorger auf seiner Internetseite am Dienstag mit. Bestandskunden seien nicht betroffen, erklärte der Konzern auf Nachfrage. "Lediglich unsere Neukundenprodukte überarbeiten wir aktuell seit wenigen Tagen, da wir die stark gestiegenen Beschaffungskosten in unserer Preisstellung berücksichtigen müssen", sagte ein Sprecher.

Die Großhandels-Gaspreise sind in den vergangenen Monaten europaweit auf Rekordstände geklettert.

Stahlriese überlegt Produktionsdrosselung

Auch die deutsche Stahlindustrie schlägt indes wegen der stark gestiegenen Energiepreise Alarm. "Wir blicken mit großer Sorge auf die steigenden Energiekosten, mit denen auch die Stahlindustrie in Deutschland konfrontiert ist", sagte in Deutschland der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Reuters.

Stark erhöhte Strompreise drohten die internationale Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Prozesse, etwa der Elektrostahlwerke, massiv zu belasten. Der zweitgrößte deutsche Stahlkonzern Salzgitter erklärte, dass an seinem stromintensiven Standort in Peine Einschränkungen der Produktion nicht ausgeschlossen seien. Die Stahlbranche gehört neben der Chemie-, Aluminium- und Zementindustrie zu den größten Stromverbrauchern.

Hohe Nachfrage, gering gefüllte Speicher

Der Baustoffkonzern HeidelbergCement kündigte daher an, wegen des Kostenanstiegs aufgrund der hohen Strompreise die Verkaufspreise anheben zu wollen. "Eine derartige Kostenexplosion ist einmalig. Wir sind gezwungen, kurzfristig die Preise deutlich anzuheben", sagte ein Sprecher von HeidelCement. Normalerweise werden die Preise für die energieintensiven Baustoffe nur in größeren Zeitabständen angepasst.

Die Gas- und Strompreise in Europa sind in den vergangenen Monaten auf Rekordstände geklettert. Ursache hierfür sind unter anderem die hohe Nachfrage der Wirtschaft nach dem Höhepunkt der Corona-Krise, der Energiehunger in Asien, eine schwache Ökostromerzeugung, geringer gefüllte Gasspeicher und höhere Preise für Verschmutzungsrechte. Die Großhandelspreise am wichtigen niederländischen Gas-Handelspunkt TTF sind seit Jänner um mehr als 400 Prozent gestiegen. Die Großhandelspreise für Strom haben sich verdoppelt.