Die zweite Verhandlungsrunde der Gewerkschaften PRO-GE und GPA mit den Arbeitgebern, vertreten vom Fachverband Metalltechnische Industrie (FMTI), für den Kollektivvertrag der Metallindustrie wurde am Montag nach vier Stunden ohne Ergebnis unterbrochen. Die Arbeitnehmervertreter zeigten sich nach der insgesamt vier Stunden dauernden Verhandlung "enttäuscht und wütend über die Verzögerungstaktik" der Arbeitgeber und deren "provokant niedriges Angebot für Lohn- und Gehaltserhöhungen". Mehr als 134.000 Mitarbeiter sind in der Metalltechnischen Industrie beschäftigt, die KV-Verhandlungen und die dabei erzielten Lohnzuwächse haben traditionell Signalwirkung für weitere Branchen.

Die Arbeitgeber sprechen von einem "einseitigen Abbruch der Gewerkschaften". Die Arbeitgeberseite habe "auf Basis der wirtschaftlichen Realitäten erste Angebote in Varianten" als Verhandlungsgrundlage vorgelegt, darunter unter anderem eine Erhöhung der Löhne und Gehälter zwischen 1,9 und 2,2 Prozent sowie "alternativ zusätzliche Verbesserungen bei der Schichtarbeit". Die Arbeitnehmer-Vertreter fordern 4,5 Prozent mehr Lohn bzw. Gehalt. Klar sei aber auch, erklären die Arbeitgeber, dass "erste Angebote immer eine Grundlage für weitere Diskussionen" sind. "Offensichtlich sei am Montag seitens der Gewerkschaften, entgegen der Ankündigungen, keine Verhandlungsbereitschaft gegeben."

"Mitten in der vierten Corona-Welle"

Christian Knill, Obmann und Sprecher des Fachverbands Metalltechnische Industrie: "Die Vorgangsweise der Gewerkschaften ist absolut unverständlich und unverantwortlich. Wir sind mitten in der vierten Corona-Welle und haben noch nicht einmal eine der schwersten Wirtschaftskrisen der letzten Jahrzehnte überwunden."

Christian Knill, Obmann des Arbeitgeberverbandes (Fachverband Metalltechnische Industrie)
Christian Knill, Obmann des Arbeitgeberverbandes (Fachverband Metalltechnische Industrie) © APA/HERBERT PFARRHOFER

Die Gewerkschaft beklagt hingegen, dass seitens der Arbeitgeber  "massive Arbeitszeitverschlechterungen" gefordert wurden. Demnach solle unter anderem Sonntagsarbeit in Zukunft das ganze Jahr über möglich sein, die 60-Stunden-Woche solle zum Regelfall werden. "Damit wären Überstundenzuschläge de facto abgeschafft", heißt es in der Aussendung der Gewerkschaft.

"Forderungen bodenlose Frechheit"

„Die Gegenforderungen sind eine bodenlose Frechheit. Damit sollen die Beschäftigten Tag und Nacht ausgepresst werden. Das Angebot für Lohn- und Gehaltserhöhungen ist angesichts der rasanten Konjunkturerholung, der hohen Inflation und der steigenden Produktivität eine Respektlosigkeit“, erklärten die beiden sichtlich verärgerten Chefverhandler Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). 

Knill entgegnet:Leider müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Gewerkschaften kein Interesse an konstruktiven Gesprächen haben, das ist eine vertane Chance." Offensichtlich gehe es vor allem darum, sagt Knill, politisch zu mobilisieren, Medienaufmerksamkeit zu erreichen und Mitglieder zu akquirieren. "Wir nehmen das zur Kenntnis und stehen für den nächsten Verhandlungstermin am 21. Oktober bereit.“

Die Gewerkschaften kündigten bereits an, zwischen 15. und 20. Oktober alle Betriebsrätinnen und Betriebsräte der gesamten Metallindustrie österreichweit zu informieren und die weitere Vorgangsweise zu beraten und zu beschließen. Normalerweise lädt die Gewerkschaft die Betriebsrätinnen und Betriebsräte erst zu einer Versammlung ein, wenn die dritte oder vierte KV-Runde keine Einigung gebracht hat. Diesmal wollen die Gewerkschaftsvertreter offenbar schon früher den Druck erhöhen. Sollte es beim nächsten Verhandlungstermin am 21. Oktober keine Einigung geben, werden gemeinsam die nächsten Maßnahmen gesetzt. „Wir fordern die Arbeitgeber auf, ein faires Angebot zu legen, das den hervorragenden wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht, ansonsten drohen Kampfmaßnahmen“, sagen Wimmer und Dürtscher.  

Gewerkschaften bleiben bei Forderung von 4,5 Prozent

Die Gewerkschaften bleiben bei ihrer Forderung nach 4,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Wenn notwendig, werde man nach der nächsten Runde auch direkt in den Betrieben die Beschäftigten informieren und notwendige Beschlüsse für Kampfmaßnahmen herbeiführen. „Die Unterstützung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Forderungen ist hoch. Genauso hoch ist die Kampfbereitschaft“, erklären Wimmer und Dürtscher in einer Aussendung.

Die Forderungsschwerpunkte der Gewerkschaften bei den Kollektivvertragsverhandlungen 2021 sind die Erhöhung der Löhne und Gehälter um 4,5 Prozent und eine Anhebung der Zulagen für die 2. und 3. Schicht bzw. für die Nachtarbeit. Diese sollen künftig verdreifacht (auf 1,50 Euro pro Stunde) bzw. verdoppelt (auf fünf Euro pro Stunde) werden. Weiters fordern die Arbeitnehmervertreter einen selbstbestimmten Verbrauch von Gleitzeitguthaben in ganzen Tagen und eine Erhöhung der Lehrlingseinkommen auf 1000 Euro (1. Lehrjahr), 1300 Euro (2.), 1600 Euro (3.) und 2000 Euro (4. Lehrjahr).