Der Weg führt von der Elektrotechnik über die Malerinnen und Maler zum großen Areal der Betonbauer und den angrenzenden Maurern, direkt dahinter im Nachbarzelt weisen Geräusch- und Geruchskulisse den Weg zu den Köchen. Das sind nur einige der insgesamt fast 50 Berufsbilder, die derzeit bei der Berufs-EM für ein einzigartiges Mit- und Nebeneinander von Handwerk, Technik und Kreativität sorgen. Die fast 400 Jungfachkräfte, die heute ihren finalen Wettkampftag in der perfekt orchestrierten Zeltstadt samt Davis-Cup-Halle und Freigelände am Schwarzl-Freizeitzentrum haben, sind die Hauptdarsteller dieses vielseitigen Spektakels – und sie sollen als die Besten ihrer Berufe auch Botschafter und Navigatoren sein. Botschafter für die berufliche Ausbildung. Und Navigatoren für die Berufswahl.

Tausende Schülerinnen und Schüler tummeln sich rund um die Wettbewerbsflächen, können viele der Berufe auf eigens errichteten Multimedia-Stationen auch gleich selbst ausprobieren. Berufsorientierung gilt als zentraler Schlüssel im Werben um die Fachkräfte von morgen. In den vergangenen Jahren hat sich hier einiges getan, Jobmessen, Berufsorientierung an Schulen und auch Einrichtungen wie das TalentCenter in Graz sollen bei der Vermittlung der Vielfalt helfen. Das sei auch ganz wesentlich, betont Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, sie sieht aber noch Handlungsbedarf, etwa in der stärkeren Verankerung von Berufsorientierung an der AHS. Veranstaltungen wie die EuroSkills können ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten, „junge Menschen hören jungen Menschen zu, diese top-ausgebildeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigen, was alles möglich ist, junge Zuseherinnen und Zuseher und ihre Familien können so einen Eindruck über die Vielfalt beruflicher Ausbildung, von Handwerk bis IT, gewinnen“. Die Lehre sei eine der wichtigsten Antworten auf den Fachkräftemangel, so Schramböck.

Es ist auffällig, dass dieses Dauerthema der heimischen Unternehmer auch hier am Schwarzl, inmitten der Fachkräfte-Elite, sehr präsent ist. „Um die duale Ausbildung in Österreich beneiden uns viele andere Länder, aber wir müssen sie auch selbst weiterentwickeln, etwa durch die duale Akademie, die nach der Matura eine zweijährige Praxisausbildung vorsieht. Auch die einzelnen Lehrberufe werden nach und nach überarbeitet – und vor allem mit digitalen Inhalten angereichert. Seit 2018 seien es 69 Lehrberufe gewesen, die adaptiert wurden, 16 gänzlich neue Berufsbilder seien geschaffen worden, so Schramböck.

„Männerberuf“, „Frauenberuf“ - verstaubte Kategorien

Auch bei Berufs-WM- oder EM-Veranstaltungen zeigt sich ein klarer Trend zur Digitalisierung, laut der Trägerorganisation WorldSkills nutzen von den insgesamt 56 internationalen Skills-Berufen im Schnitt bereits rund zwei Drittel digitale Technologien – das gilt längst auch für das „klassische“ Handwerk, wo das Programmieren von Maschinen oder digitale Auftragserfassung und Modellierung zum Standard geworden sind, dem auch in den Lehrberufen Rechnung getragen werden muss.
Was die EuroSkills ebenfalls untermauern: Die verstaubten Kategorien „Männerberuf“ und „Frauenberuf“, die sich lange in den Lehrlingsstatistiken, aber auch im Teilnehmerfeld solcher internationalen Bewerbe manifestierten, bröckeln. 80 Teilnehmerinnen sind bei der Berufs-EM länderübergreifend am Start, das sind immerhin 21 Prozent. Wobei das Team Austria mit sieben Teilnehmerinnen (von 54) unterdurchschnittlich unterwegs ist. Bei den Malern sind aber beispielsweise sogar doppelt so viele Frauen im Einsatz wie Männer.

In den Lehrlingszahlen in den Bereichen Technik und Handwerk steigt der Frauenanteil auch in Österreich. Bewerbe wie die EuroSkills sieht Malerin Lisa Janisch als großartige Gelegenheit: „Es ist echt ein schönes Gefühl, wenn du vor Tausenden Leuten zeigen kannst, was man als Frau im Handwerk schaffen kann“, sagt die Steirerin, die bei den EuroSkills 2016 Gold gewonnen hat. Es brauche viel Mut, um Berufe zu ergreifen, die männlich dominiert sind: „Doch es macht sich rasch bezahlt.“ Es sei ein „äußerst positives Signal“, dass sich immer mehr junge Frauen für diesen Weg entscheiden, sagt der steirische Wirtschaftskammer-Präsident Josef Herk.

Sie treffen auf Arbeitgeber, die „händeringend“ nach Fachkräften suchen. „Von Frankreich über Deutschland nach Belgien, von Italien über Liechtenstein nach Portugal sind Fachkräfte begehrt wie nie zuvor“, berichtet die Präsidentin der WorldSkills, Dita Traidas: „Mit unseren Bewerben können wir Kindern und Jugendlichen zeigen, wie spannend ihre Zukunft ausschauen könnte.“