Am Arbeitsmarkt war das Instrument der Kurzarbeit in der Akutphase der Coronakrise das wichtigste Instrument. Seit 1. Juli gilt nun bereits die sogenannte Phase 5: Zuletzt haben immer weniger Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. In der Steiermark sind es knapp 900 Betriebe, die für rund 6000 Beschäftigte Kurzarbeit beantragt haben. Doch die Tendenz zeigt in fast allen Branchen klar nach unten. Mit einer Ausnahme: Jene Firmen, die derzeit stark von den Lieferengpässen bei wichtigen Komponenten betroffen sind. Das gilt insbesondere für Zulieferer der Automobilindustrie, die den Mangel an Halbleiterchips und die damit verbundenen Produktionsverzögerungen und -ausfälle zu spüren bekommen. In dieser Woche hat etwa das BMW-Motorenwerk für 800 der 4400 Beschäftigten Kurzarbeit angemeldet.

Bereits Anfang Mai musste auch Magna Steyr in Graz wieder auf das Instrument zurückgreifen – damals wurden bis Ende Juli 1000 der rund 8000 Mitarbeiter angemeldet. Mittlerweile sind es 2000, die kurz arbeiten, bestätigt Magna der Kleinen Zeitung. Bei BMW stehen zwischenzeitlich die Bänder still, bei Jaguar wurden die Produktionszahlen heruntergefahren, man spricht von „Anpassungen“. Die G-Klasse sei derzeit nicht betroffen, heißt es bei Daimler. Das Ziel sei trotz der Probleme die Produktionszahl einzuhalten.

Frank Klein, Präsident von Magna Steyr
Frank Klein, Präsident von Magna Steyr © Magna

Frank Klein, Präsident von Magna Steyr, erklärt der Kleinen Zeitung die aktuellen Schwierigkeiten in der Produktion so: „Das Ganze wechselt im Wochenrhythmus, wir müssen laufend anpassen, uns täglich abstimmen. Ich sage, wir fahren auf Sicht und sind mit der Arbeitnehmervertretung in Abstimmung. Ich bin von unserer Mannschaft begeistert, wie sie mitmacht, trotz der Schwierigkeiten.“ Denn es sei „natürlich unangenehm, wenn man ein, zwei Tage vorher den Mitarbeitern sagen muss, ihr müsst jetzt zu Hause bleiben. Aber es funktioniert und es zeigt, dass wir eng zusammengerückt sind. Natürlich hoffen wir, dass wir bis Ende des Jahres zumindest einen Teil der verlorenen Fahrzeuge doch aufholen“.

Bestimmendes Thema in Wolf neuem Werk in Steyr

Der Chipmangel ist auch ein bestimmendes Thema im MAN-Werk in Steyr, das seit Kurzem auch offiziell im Eigentum von Siegfried Wolf steht. Gleich zu Beginn der neuen „Steyr Automotive“ kommt es zu einer einwöchigen Produktionsunterbrechung sowie ebenfalls zu Kurzarbeit. Bis Mitte 2023 rollen in Steyr ja noch MAN-Lkw vom Band, doch fehlende Halbleiter sorgen auch hier für Probleme. Wolf lobte gestern bei einem gemeinsamen Termin mit Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, bei der u. a. auch die geplante Forschungsgesellschaft am Standort vorgestellt wurde, das österreichische Kurzarbeitsmodell. So werde es zu „marginalen Anpassungen“ für die Mitarbeiter kommen. Insgesamt hoffe er, dass es  den September brauchen werde, um den Mangel in den Griff zu bekommen und man dabei mit Halbarbeit durchkommen könne. Material sei zugesagt worden. Der Chipmangel beschäftige die Industrie bereits seit August des Vorjahres, so Wolf, der ein gemeinsames Vorgehen der EU fordert. Denn derzeit würden 70 bis 75 Prozent der Halbleiter in einer Region im Fernen Osten hergestellt.

Oberösterreichs LH Thomas Stelzer und Siegfried Wolf
Oberösterreichs LH Thomas Stelzer und Siegfried Wolf © fotokerschi.at/Kerschbaummayr

Internationale Prognosen, wann sich die Situation rund um den Chip- und Teilemangel bessert, sind unterschiedlich. Im ersten Halbjahr 2021 war man noch deutlich optimistischer unterwegs, jetzt heißt es in der Branche, die Krise werde sich bis Mitte 2022 fortsetzen.

In allen Werken weltweit herrscht dieser Mangel. Die „Automobilwoche“ schreibt von einer „hohen sechsstelligen Zahl an Autos“, die etwa VW deshalb nicht baue, dass BMW 70.000 bis 90.000 Autos mehr verkaufen könnte und dass Toyota seine Produktion im September wegen fehlender Chips um 40 Prozent herunterfahren wolle. Die Autokonzerne jonglieren natürlich mit den raren Chips, bevorzugt werden zwei Kategorien: Jene Marken mit hohen Margen und E-Autos, um die CO2-Vorgaben zu erfüllen. Was wiederum Fahrzeuge mit weniger Marge in die Bredouille bringt – die Wartezeiten für die Käufer steigen dadurch.