Die börsennotierte BAWAG-Gruppe will nach der Aufhebung der Dividendenstopp-Empfehlung der Europäischen Zentralbank (EZB) umgehend 420 Millionen Euro Dividenden aus den Gewinnen der Jahre 2019 und 2020 zur Auszahlung bringen und zieht dafür die Hauptversammlung auf 27. August vor. Die Aktie legte nach der Nachricht um 3,9 Prozent auf 47,8 Euro zu.

Erst am Freitag hatte die EZB die im Vorjahr wegen der Coronakrise ausgesprochene Dividendenstopp-Empfehlung per Ende September für aufgehoben erklärt. Die EZB fungiert in der Eurozone als oberste Aufseherin der Banken und überwacht direkt die größten Banken der einzelnen Euroländer. Kleine Banken und andere Finanzfirmen werden von der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) überwacht, wobei die Regeln der EZB zur Anwendungen kommen. Deshalb hat auch die FMA analog zur EZB ihre Dividenden-Stopp-Empfehlung aufgehoben

40 Millionen Euro Dividende hatte die BAWAG bereits nach einer Sonder-HV am 3. März gezahlt, basierend auf einer Empfehlung der EZB von Dezember 2020. Die verbleibenden 420 Millionen Euro sollen Anfang Oktober ausgeschüttet werden. Die Quote für das harte Kernkapital (CET1, Common Equity Tier 1), die Ende Juni bei 14,4 Prozent lag (nach 14,0 Prozent Ende Dezember), beinhalte bereits diese 420 Millionen Euro sowie die Dividendenabgrenzung für das erste Quartal 2021 von 95 Millionen Euro. Für die Aktionäre strebe man eine jährliche Dividendenausschüttung in Höhe von 50 Prozent des Nettogewinns an.

Gewinn gestiegen

Bis Juni steigerte die BAWAG Group den Nettogewinn im Jahresabstand um 56 Prozent von 124 Millionen auf 193 Millionen Euro. Positiv wirkten sich neben einem starken operativen Geschäft hauptsächlich geringere Risikokosten aus, die im Periodenvergleich um 59 Prozent auf 53 Millionen Euro geschrumpft und damit auf ein normales Niveau gesunken seien. Trotz besseren makroökonomischen Umfelds und einer anhaltend positiven Entwicklung der Kundenbasis - speziell des Rückgangs der Stundungen auf 0,2 Prozent der Kundenkredite - löse man keine Reserven auf. Ungeachtet teilweiser Lockdowns im ersten Halbjahr in den Kernmärkten glaubt das BAWAG-Management an eine Fortsetzung der allmählichen Normalisierung der wirtschaftlichen Aktivität im zweiten Halbjahr.

Das erste Halbjahr beinhaltet auch regulatorische Aufwendungen in Höhe von 56 Millionen Euro, um 45 Prozent mehr als im Vorjahr, womit man bereits rund 93 Prozent der Gesamtjahresaufwendungen getätigt habe. Der Anstieg resultiere aus zusätzlichen Aufwendungen für die Einlagensicherung "im Zusammenhang mit dem Betrugsfall Commerzialbank in Österreich", wird auf die Mattersburger Bank im Burgenland verwiesen, die Mitte 2020 in die Insolvenz geschlittert war.

Kernmarkt Mitteleuropa

Die durchschnittlichen Kredite und Forderungen an Kunden stiegen gegenüber dem Vorjahr um drei Prozent. Das gesamte Kundenkreditvolumen stammt weiterhin zu 76 Prozent aus der DACH/NL-Region und zu 24 Prozent aus dem übrigen Westeuropa und den USA. Man fokussiere sich auf entwickelte Märkte, da man in diesen Ländern von stabilen Rechtssystem, soliden makroökonomischen Grundlagen und soliden Staatshaushalten überzeugt sei. Das Volumen der Kundenkredite belief sich zuletzt auf rund 32,4 Milliarden Euro, die Bilanzsumme auf 54,1 Milliarden Euro. Ende 2020 zählte man 3.485 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (stichtagsbezogen), im Durchschnitt lag die Zahl im Vorjahr bei 3.580; die Zahl der aktiven Mitarbeiter wurde im Geschäftsbericht 2020 mit 3.118 angegeben (ohne Mitarbeiter in Karenz und Mitarbeiter, die eine Vereinbarung im Rahmen eines Sozialplanes eingegangen sind).

Zuletzt hatte die BAWAG vorige Woche den Erwerb des führenden heimischen Retail-Online-Brokerage-Anbieters Hello bank! Österreich von BNP Paribas bekanntgegeben, geplant ist hier die Fortführung unter der BAWAG-Marke easybank. Davor hatte die BAWAG-Group im Februar eine Vereinbarung zur Übernahme der Depfa Bank plc und ihrer Tochter Depfa ACS Bank unterzeichnet. Das Closing dieser beiden Transaktionen wird im zweiten Halbjahr 2021 bzw. im vierten Quartal 2021 oder im ersten Quartal 2022 erwartet.