Christian Mathans könnte sagen: „Wir haben es schon immer gewusst!“ Stattdessen bleibt er bescheiden. „Man kann es auch so sehen, dass wir auf der Platte picken geblieben sind und Glück hatten.“ Denn, ohne Umschweife: „Dass es sich so entwickeln wird, haben wir nicht gewusst.“

Darauf hätte vor einigen Jahren wohl niemand gewettet. Die Tonträger aus Vinyl sind aktuell so gefragt, dass die Presswerke auf der ganzen Welt mit der Fertigung nicht nachkommen. Mittendrin im Boom Mathans und Kompagnon Tino Kopanakis.

Der Reihe nach: 1996 gründeten die beiden Inandout Records in Graz, um in einem kleinen Geschäft CDs und Schallplatten zu verkaufen – zu einer Zeit, als das Vinyl bereits totgesagt war. Ihr Antrieb, damals wie heute – Leidenschaft. Mathans sammelte Platten von Kindesbeinen an und kam auf die stattliche Zahl von 20.000 Stück. Das war der Grundstock. Und das Vertrauen in den Wert der eigenen Liebhaberei.

Als Platten Abfall waren

„15 Jahre war es ruhig um die Schallplatte“, sagt Mathans. In der Zeit deckte sich das Duo in den USA weiter mit Platten ein. „Die waren froh, dass sie sie losgeworden sind und haben sie uns fast geschenkt.“ Erfolg stellte sich mit dem Onlinehandel ein. Denn damit wurde Inandout weltweit zur Anlaufstelle für Sammler.

Tino Kopanakis ist Mitgründer und Hälfteeigentümer der gemeinsamen Unternehmen
Tino Kopanakis ist Mitgründer und Hälfteeigentümer der gemeinsamen Unternehmen © KLZ/Repelnig

Ab 2006 baute Mathans zusätzlich den Großhandel auf – die I-DI GmbH. Das Unternehmen gehörte zu den wenigen, die im Nischenmarkt nicht nur überlebten, sondern immer größer wurden. 2017 umfasste die Produktpalette satte zwei Millionen Artikel. Der Firmensitz in Seiersberg wurde mehrmals ausgebaut.

Die eigene Plattenproduktion

Eine weitere Zäsur erfolgte kurz davor. 2016 stiegen Mathans und Kopanakis in die Plattenproduktion ein, gründeten Takt Direct und übernahmen Presswerke in Polen und England. Der Zeitpunkt war goldrichtig, denn just zu jener Zeit zog die Nachfrage an. Die Pandemie, so Mathans, habe den Boom noch einmal befeuert.

In Zahlen heißt das: „Wir pressen im Moment bis zu 300.000 Platten im Monat, könnten aber das Doppelte machen. Der gesamten Branche fehlen Kapazitäten.“ Hatte Takt Direct vor drei Jahren Lieferzeiten von drei Monaten, seien es nun acht bis zehn. „Die Nachfrage hat sich vervielfacht. Wir investieren laufend in weitere Maschinen.“

Takt Direct stellt die Tonträger im Auftrag von Bands und Plattenlabels her, etwa von BMG in England, oft handelt es sich um Nachpressungen im klassischen Schwarz, in Farbe und in aufwendig gestalteten Covers. Mit Audio Anatomy, einer weiteren Gründung, bedient das Unternehmen außerdem den Zubehörmarkt – und zwar weltweit.

Eigenes Label "Second Records"

Im Herbst folgt der nächste Schritt, der die Steirer zum Rundum-Anbieter machen soll. Sie starten mit „Second Records“ ein eigenes Label. Für den Anfang richte sich der Fokus auf Radio- und Konzertmitschnitte und auf Public-Domain-Releases, also die Nachpressung freier Titel, „in schönen, farbigen Editionen“. So halte man die Wertschöpfung „von A bis Z“ in der Firma.

Schallplatten erleben einen Boom, folglich werden auch Plattenspieler und Zubehör weltweit nachgefragt. Vor allem in Asien und in den USA.
Schallplatten erleben einen Boom, folglich werden auch Plattenspieler und Zubehör weltweit nachgefragt. Vor allem in Asien und in den USA. © I-DI GmbH

In Österreich gibt es keine zweite Plattenfirma dieses Zuschnitts, sogar in Europa zählt man sich zu den fünf bis zehn Größten. Der Umsatz der Holding, in der Mathans und Kopanakis ihre Unternehmen mit derzeit insgesamt 80 Beschäftigten bündeln, dürfte im laufenden Geschäftsjahr die Marke von 20 Millionen Euro knacken. Die Zahl der Mitarbeiter, so Mathans, werde in naher Zukunft im zweistelligen Prozentbereich steigen. Das Wachstum wird von der Wirtschaftsförderung SFG mitfinanziert.

Die eigene Plattensammlung hat Mathans übrigens – bis auf wenige handsignierte Stücke – aufgelöst. „Zu meiner Trauer. Ich habe schon vor 20 Jahren die Entscheidung getroffen, Platten zu sammeln oder damit zu handeln. Beides ist schwierig, denn ich habe mir zu viele behalten wollen. Das nimmt kein Ende.“