Abgemagerte Wale mit Mägen voller Plastik. Meeresschildkröten, denen Strohhalme in den Nasenlöchern stecken. Mikroplastik im Meeressalz und damit in unserem Essen - jahrzehntelang wurde dem Thema Plastikabfall weltweit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Im Jahr 2018 hat sich die EU daher zum Ziel gesetzt, ein Vorreiter bei der Plastik-Reduzierung zu werden. Ob wirklich das grüne Gewissen Staatenlenker und EU-Parlamentarier zu diesem Schritt motiviert haben oder doch die Tatsache, dass China plötzlich entschieden hat, keinen Plastikmüll mehr aus Europa anzunehmen, ist freilich fraglich. Es geht hier immerhin um 26 Millionen Tonnen pro Jahr.

Ein Ergebnis dieser neuen Politik ist jedenfalls das Verbot von Einweg-Plastik, das am 3. Juli in Kraft tritt. Plastik-Besteck verschwindet ebenso aus den Supermarkt-Regalen wie Wattestäbchen, Plastik-Teller und -Becher, Luftballon- und Rührstäbchen, Lebensmittelverpackungen aus expandierendem Polystyrol, vulgo Styropor, und natürlich gibt es auch keine Strohhalme mehr aus Plastik (Restbestände dürfen noch verkauft werden). Einzige Ausnahme: Wattestäbchen und Trinkhalme, die als medizinisches Produkt zugelassen sind. Diese gibt es aber nur in Apotheken und Sanitätshäusern.

Ein weiterer Teil der Richtlinie ist die Verpflichtung, dass bis 2025 mindestens 77 Prozent der Plastikflaschen gesammelt werden müssen. Bis 2030 muss dieser Anteil bei 90 Prozent liegen. Ab 2024 müssen die Schraubverschlüsse zudem fix an der Flasche befestigt sein. 

Kennzeichnung für Feuchttücher

Kaum bewusst dürfte Konsumenten sein, wie viel Plastik in Hygieneartikeln steckt. Die meisten Hygienetücher bestehen aus Kunstfasern auf Erdölbasis. Mit der neuen Richtlinie erfahren das die Konsumenten beim Blick auf die Verpackung endlich. Auch Damenhygiene-Produkte müssen ab jetzt klar gekennzeichnet sein. Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 kommen jährlich rund 500.000 Tonnen Feuchttücher auf Erdölbasis in Umlauf, die meisten davon dürften im Abwasser landen. 

Die Hersteller von Alternativprodukten erwarten durch die Verbote sowie die Kennzeichnungspflicht eine neue Marktdynamik. Bei den Fasern ist das etwa der österreichische Lenzing-Konzern, der schon lange zellstoffbasierte Cellulosefasern für den Einsatz in Hygieneprodukten herstellt. Die werden inzwischen auch unter dem  eigenen Markennamen Veocel verkauft.

Plastik-Teller und Strohhalme aus Plastik sind tatsächlich schon längst aus den Supermarktregalen verschwunden. Die Alternativen sind bewährt aus Papier und Pappe, aber auch aus Bambus, Palmblättern oder aus Stärke und Zuckerrohrverbindungen oder aus Stroh und Agrarresten.

Wie gut und nachhaltig die Produkte sind, das untersuchen die Verbraucherschutzverbände in Europa derzeit verstärkt. Der Europäische Verbraucherbund (BEUC) hat bereits 57 Produkte aus vier Ländern unter die Lupe genommen und auch speziell auf Belastungen mit Schadstoffen, insbesondere Pestiziden untersucht. Abgesehen davon, dass viele Produkte nicht vollständig biologisch abbaubar waren, enthielten elf von 39 geprüften Tellern und Schalen Pestizidrückstände. Der Verein für Konsumenteninformation wird das Problem in der August-Ausgabe beleuchten. 

Teller zu Kompost

Die deutsche Papstar-Gruppe, die Partybedarf herstellt und in Spittal an der Drau einen eigenen Standort mit einer Serviettenproduktion und einen Vertrieb für hochwertige Tischprodukte hat, bietet inzwischen sogar Kreislaufkonzepte an, um verwendete Einmalteller oder Becher wieder einem Recycling zuzuführen. "Wir kümmern uns um den kompletten Lifecycle", so Papstar-Marketingmanager Bernd Born.

Der Umstieg auf nachhaltige Rohstoffe wurde schon 2008 gestartet. Durch die sukzessive Umstellung sind heute 75 Prozent der typischen Party-Geschirre und Service-Verpackungen zum Mitnehmen komplett aus nachwachsenden Rohstoffen. Die können etwa bei großen Events mitsamt den Speiseresten in Kompostiermaschinen gefüllt werden, die daraus binnen 24 Stunden einen stark zellulosehaltigen Satz produzieren, der weiterverarbeitet werden kann. Eine eigene Papstar-Tochtergesellschaft organisiert für Großveranstalter oder Gastrobetriebe die regionale Wiederverwertung. In gefährliches Mikroplastik, das jahrhundertlang die Gewässer belastet, zerfällt dieses Einweggeschirr jedenfalls nicht. 

Verspätung

Österreich wird diese allerdings nicht fristgerecht umsetzen, denn die Einwegplastik-Richtlinie wird durch die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes und der Verpackungsverordnung geregelt, die sich derzeit in Begutachtung befinden und "ehestmöglich in Kraft treten werden", wie es in einer Aussendung des Umweltministeriums hieß.

Österreich hat die EU-Kommission auch bereits über diesen Zeitplan informiert. "Das Einwegplastik-Verbot umfasst Produkte, die am häufigsten achtlos in die Umwelt weggeworfen werden. All das sind Dinge, die wir eigentlich gar nicht brauchen und nur äußerst kurz verwendet werden und dann ganz oft in unserer Natur und in unseren Seen landen. Mit dieser Richtlinie wird ein wesentlicher Schritt zur Vermeidung der Umweltschäden durch Littering gesetzt und insbesondere Plastik in unseren Gewässern verringert", sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).