In Normalzeiten stehen im Autohaus von Klaus Edelsbrunner im Schnitt gut 40 Gebrauchtwagen zum Verkauf. Derzeit sind es kaum mehr als fünf – und das seit Monaten, wie der Peugeot-Händler und Bundesobmann des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer betont. Die Nachfrage ist riesig, das Angebot so gering wie nie. Eine Konstellation, die naturgemäß die Preise in die Höhe schießen lässt. Bei gebrauchten Kleinwagen mit einem Verkaufspreis von knapp unter 10.000 Euro seien die Preise zuletzt um rund zehn Prozent gestiegen, schätzt Edelsbrunner. „Wir Händler müssen derzeit aber auch viel teurer ankaufen.“ Mit US-Verhältnissen, wo Gebrauchtwagen mittlerweile im Schnitt 30 Prozent mehr als noch vor einem Jahr kosten, lässt sich die Lage in Österreich zwar nicht vergleichen. Doch eine Auswertung des Online-Portals Autoscout24 zeigt etwa, dass der Durchschnittspreis in der ersten Jahreshälfte 2020 noch um die 20.000 Euro lag und es aktuell im Schnitt mehr als 22.000 Euro sind. Bei Willhaben berichtet man von einer Gebrauchtwagen-Nachfrage, die so hoch wie nie sei, während der verfügbare Bestand so gering wie lange nicht ausfällt.

Lange Lieferzeiten

Die Gründe sind vielschichtig, haben mit den Nachwehen der Pandemie ebenso zu tun, wie mit dem rasanten wirtschaftlichen Aufschwung. Im Frühjahr 2020 standen im ersten Coronaschock zwischenzeitlich einige Autowerke komplett still, es wurden weniger Neuwagen produziert, neue Modelle verzögerten sich. Hinzu kommt, dass sich zentrale Bauteile-Hersteller, wie etwa aus der Halbleiterindustrie, neue Abnehmer suchten. Es folgte ein Komponenten-Mangel, der bis heute anhält. Die Auslieferung von Neuwagen verzögert sich, die Lieferzeiten liegen teils bei acht Monaten – entsprechend weniger Gebrauchte kommen über den Weg des Eintauschens zurück zu den Händlern, so Edelsbrunner. Ein Kreislauf, der „hoffentlich im zweiten Halbjahr durchbrochen wird“. Bis dann aber eine Normalisierung eintritt, werde es aber auch dann noch dauern.

"Größere Nachfrage als je zuvor"

„Bitte warten“, heißt es derzeit vielfach auch im Fahrradhandel. Auch hier brummen die Geschäfte. Und auch hier kann die enorme Nachfrage, vor allem nach neuen Elektrofahrrädern, kaum bedient werden. „Es gibt mehr Markt als je zuvor, aber auch eine größere Nachfrage als je zuvor,“ sagt Holger Schwarting von der Sportartikelhändler-Genossenschaft Sport 2000. Die hohe Nachfrage trifft auf ein Nachschubproblem aus Fernost. Selbst Sättel, Bremsbeläge oder einfache Schläuche fehlen. Bei dem japanischen Gangschaltungs- und Bremsen-Hersteller Shimano sind die Auftragsbücher so übervoll, dass Sport 2000 kürzlich bereits die Vorbestellungen für 2023 fixieren musste. „Das mussten wir zum ersten Mal in der Geschichte unserer Organisation machen,“ so Schwarting.

Das kommende Jahr werde im Hinblick auf die Lieferketten ebenfalls noch schwierig, erwartet er. Immerhin ermöglicht die hohe Nachfrage jetzt, die gestiegenen Erzeugerpreise auch an die Kunden weiterzureichen. Schwarting: „Bei E-Bikes werden kaum mehr Räder unter 2500 oder 2700 Euro verkauft.“ Um fünf Prozent haben die Preise im Schnitt angezogen. Als eine Folge des Booms rechnet der Sport 2000-Manager auch mit einem immer professionelleren Gebrauchtrad-Markt. „Der wird kommen und auch für unsere Händler relevant werden.“

Das Radgeschäft war mit 20 Prozent Plus neben den Bereichen Fitness und Outdoor 2020 jedenfalls ein so guter Umsatzbringer, dass die 237 Händler der Organisation mit 590 Millionen Euro in Summe mehr Umsatz einfuhren als 2019.

Gebraucht teurer als bei der Erstzulassung

Welch skurrile Blüten diese Entwicklungen treiben können, zeigt sich wiederum ebenfalls auf dem US-Gebrauchtwagenmarkt. Laut dem Analysehaus Black Book würden insgesamt 73 Modelle von ein bis drei Jahre alten Autos derzeit gebraucht mehr kosten als bei der Erstzulassung. Preise für Gebrauchtwagen heizten in Amerika im April und Mai auch die allgemeine Inflationsrate an.