Drohnen gelten vielen als Spielerei, aber mit viel Potenzial. Schiebel führte vor mehr als 15 Jahren Drohnen am Markt ein. Mit welchem Erfolg?
HANNES HECHER: 350 unserer Helikopter mit 100.000 Flugstunden sind auf fünf Kontinenten weltweit im Einsatz. Wir sprechen bei unserem unbemannten Helikopter von etwas Größerem. Sein Radius beträgt 200 Kilometer. Wir sind eines der wenigen unbemannten Luftfahrzeuge, die in der Welt der Großen teilnehmen.

Wozu braucht man solche großen Drohnen überhaupt?
Unser System fliegt zum Beispiel für die OSZE in der Ukraine, bleibt dort sechs bis acht Stunden in der Luft. Das ist keine technische Spielerei. Es geht um Informationsgewinnung, Überwachung und Aufklärung als zentrale Anwendungen. Unsere Helikopter sind für Sensoren gebaut. Elektro-optische Kameras suchen die Gegend mit Tag- und Nachtbild ab sowie mit speziellen Kameras, deren Algorithmus nach Irregularitäten sucht.

Mit welchen Anwendungsbereichen?
Etwa „Search and Rescue“. Wir suchten drei Jahre lang im Auftrag einer NGO von einem Schiff im Mittelmeer aus ein Gebiet von der Größe Niederösterreichs ab. Wir halten Ausschau nach etwas, das „nicht wie Wasser“ ausschaut. Ein Fund wird dem bis zu 200 Kilometer entfernten Piloten gemeldet, der die Kamera darauf richten kann. Der Pilot informiert dann den Kapitän, der klärt, ob eine Seenotrettung nötig ist. Ähnliches machen wir zur Unterstützung der englischen Küstenwache. Eine Servicefirma fliegt die Küste ab und sucht Schwimmer, die sich aufgrund von Strömungen in Gebieten befinden, wo sie nicht sein dürften. Auch in Kroatien unterstützen wir die Küstenwache. Wir liefern Informationen, mit Zusatztanks bis zu zehn Stunden am Stück.

Ihre Drohnen messen auch die Emissionen von Schiffen?
Wir fliegen seit Jahren im Auftrag der EMSA, der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs und unterstützen die Küstenwachen von Kroatien bis Estland. In Dänemark und Frankreich fliegen wir in die Abgase von Schiffen und kontrollieren mit einer Art Lanze die Emissionen der Schiffe aus dem Rauchfang anhand des Schwefelgehalts. Wir prüfen, ob das Schiff einen Treibstoff verbrennt, der den Normen entspricht. Schiffe sind ja häufig Umweltsünder.

Wird Ihre Drohne auch militärisch eingesetzt?
Ja, jeder Staat entscheidet, was in seinem Luftraum fliegen darf. Staatliche Kunden sind eher bereit, sich auf neue Technologien einzulassen. Innenministerien, Finanz- und Verteidigungsministerien sowie große internationale Organisationen sind unsere Kunden. Wir arbeiten mit der europäischen Luftfahrtbehörde eng zusammen und haben im Februar die europaweit erste LUC-Zertifizierung (Light Unmanned Operator Certificate) erhalten. Die Behörden geben uns das Recht, nach vorheriger Risikoeinschätzung bestimmte Dinge selbstständig zu beurteilen. Ein Erfolg für die unbemannte Luftfahrt.

"Camcopter" im Einsatz in Norwegen
"Camcopter" im Einsatz in Norwegen © PRIVAT

Sie kontrollieren aber auch an Land?
Wir prüfen auch auf Land, ob etwas hineinkommt, das nicht hinein soll. Land- und Forstwirtschaft sind ein Zukunftsbereich für uns. Unbemannte Luftfahrzeuge können mit ihrer Sensorik wichtige Informationen weitergeben, zum Beispiel, ob Pflanzen über- oder unterbewässert sind. Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Kontrolle von Versorgungsleitungen, wie Pipelines und Inspektionen von Hochspannungsleitungen.

Sind Ihre Drohnen dafür nicht zu groß?
Für die Überprüfung etwa von Brücken ja, das überlassen wir den kleinen Drohnen. Was wir sehr wohl machen, ist die Überprüfung von Verkehrsströmen, sowie zuvor erwähnte Einsätze.

Drohnentransporte gelten als Zukunftsthema – Bestellungen können binnen kürzester Zeit ausgeliefert werden. Auch für Schiebel ein Thema?
Wir werden sicher nicht sperrige Baumaterialen transportieren. Im letzten Jahr haben wir für einen norwegischen Energiekonzern Materialien auf eine Ölplattform transportiert und diese Plattform inspiziert.

Was ist mit Paket- und Lebensmitteltransporten, wie sie etwa Amazon vorzeigt?
Wir hatten einmal den Plan, Ebola-Medikamente in afrikanische Dörfer zu fliegen und diese über ausgeklinkte Container zu Boden zu bringen, ohne zwischenmenschlichen Kontakt. Über Innenstädte können wir nicht fliegen – um den Sicherheitsanforderungen der Luftfahrt zu entsprechen, bräuchten wir zwei Antriebe. Das ist nachvollziehbar: Wenn ein 200 Kilogramm schwerer unbemannter Helikopter im Stadtgebiet abstürzt, macht das keinen großen Unterschied zu einem bemannten Helikopter.

Warum betreiben Sie Ihre Helikopter nicht mit Strom?
Wir verwenden als Antrieb einen Wankelmotor, den wir mit einer Art Schweröl betreiben, wie er auf Schiffen verwendet wird. Mit Stromantrieb geht es noch nicht aufgrund der mangelnden Leistungsfähigkeit der Batterien.

Kaufen Kunden Ihre unbemannten Helikopter oder leihen sie diese?
Behörden wollen kein eigenes Gerät, sondern Flugstunden. Das Gros der Kunden kauft aber unsere Produkte. Momentan erzielen wir fast 20 Prozent des Umsatzes aus dem Flugstundenverkauf. Auch der Verkauf endet nicht mit der Übergabe –zum Produkt gehören etwa das Training der Piloten und des Wartungspersonals.

Wie viel muss man für einen Camcopter hinlegen?
Allein die Kameras kosten fast eine Million Euro. Da brauchen Sie als Kunde sehr viel Vertrauen. Wir verkaufen ein ganzes System inklusive Infrastruktur, mit der Piloten den Helikopter vom Boden aus steuern, sowie zwei Helikopter. Damit ist man in Summe im mittleren einstelligen Millionenbereich.

Wohin wollen Sie Ihr Fluggerät weiterentwickeln?
Der verwendete Treibstoff ist ein Thema. Ansonsten: Schneller, weiter und höher! Momentan können wir 50 Kilogramm tragen, das wollen wir auf 70 Kilogramm ausweiten.

Wann wollen Sie Personen via Camcopter transportieren, etwa als eine Art Flugtaxi?
Das ist vorerst nichts für uns. Wir wollen den Behörden zeigen, dass die unbemannte Luftfahrt ein ernsthafter und seriöser Teilnehmer am Himmel ist. Erst wenn wir wirklich einen regulären Flugbetrieb durchführen dürfen, sind wir dort, wo ich hinwill. Aber da sind wir noch lange nicht. Wenn wir es geschafft haben, vollkommen integriert in die Luftfahrt zu sein, dann können wir über Personentransporte nachdenken. Sicherheit geht vor.