Überraschung bei Österreichs größtem Energiekonzern. Vorstandschef Rainer Seele, seit 2015 in Amt und Würden, wird seinen Vertrag nicht verlängern. Das teilte der gebürtige Deutsche jetzt dem OMV-Aufsichtsrat mit. Damit endet Seeles Vertrag plangemäß mit 30. Juni 2022. Das teilt die OMV am Montag in einer knappen Aussendung, Marke Zweizeiler, mit. Der Manager hätte die Option auf eine einjährige Verlängerung ziehen können.

Zuletzt hatte Seele noch den bisher radikalsten Schwenk in der Unternehmensgeschichte der OMV angekündigt und gewissermaßen "fossile Ziele" des Konzerns begraben. "Die Welt verändert sich und die OMV wird sie mitgestalten", ließ er im Februar wissen. Die ehrgeizigen Wachstumsziele bei der Öl- und Gasförderung, nach denen sich der Konzern bis 2025 ausgerichtet hätte, werden weitestgehend über Bord geworfen. 600.000 Barrel Tagesförderung sah die vor drei Jahren beschlossene Strategie vor. Jetzt soll es beim aktuellen Niveau von 480.000 bis 500.000 Barrel am Tag bleiben. Wachstumstreiber solle künftig die Chemiesparte werden, vor allem die vor einem Jahr mehrheitlich übernommene Borealis.

Vorwürfe gegen die OMV

Zuletzt stieg aber auch in anderer Sache der öffentliche Druck auf die OMV. So wurde etwa bekannt, dass der Konzern die Recherche-Plattform Dossier auf "Unterlassung, Widerruf, Zahlung und Feststellung" verklagte. Der Streitwert wird mit 94.000 Euro beziffert. Es geht dabei um die Berichterstattung von "Dossier" über den Borealis-Deal.

Auf Basis dieses "Dossier"-Berichts wurden zudem Vorwürfe - neben  Greenpeace auch von Fridays for Future - laut, dass die OMV Umweltschützer in Neuseeland systematisch ausspioniert und durch Sicherheitsleute infiltriert habe. Im Zuge dessen forderten die Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sowie Vizekanzler Werner Kogler rasche Aufklärung in der Causa von der OMV, Greenpeace forderte sogar den Rücktritt des OMV-Chefs.

Zu hoher Preis für Borealis?

Der Vorwurf dabei lautet, dass die OMV für die Borealis-Anteile einen zu hohen Kaufpreis bezahlt und ihren Aufsichtsrat über den Deal nicht ausreichend informiert habe. Dossier hatte in den letzten Jahren immer wieder kritische Berichte zum Konzern publiziert.  

Daneben machen dem Unternehmenschef auch konzerninterne Streitigkeiten rund um dem Betriebsrat zu schaffen. Mehrere Medien berichteten in den vergangenen Wochen und Monaten über harte interne Machtkämpfe zwischen Belegschaftsvertretern - insbesondere nach der Borealis-Übernahme - sowie über interne Untersuchungen von OMV-Mitarbeitern ohne vorangegangene Einbindung des Betriebsrats. Nicht zuletzt dürfte auch das Verhältnis Seeles zum eigenen Aufsichtsratschef, dem einstigen Borealis-CEO Mark Garrett, angespannt sein. 

Greenpeace: Rückzug "längst überfällig"

Der heute angekündigte Rückzug Seeles sei für Greenpeace jedenfalls "ein längst überfälliger Schritt". Nun müsse die OMV "zu einem zukunftsfähigen und transparenten Konzern umgebaut werden", so Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit am Montag laut einer Aussendung. Zudem müssten die Vorwürfe der Überwachung von Umweltschützern rasch aufgeklärt und die Klage gegen "Dossier" sofort zurückgezogen werden, so Egit.

„Der angekündigte Rückzug von OMV-CEO Rainer Seele ist eine längst fällige und richtige Entscheidung", betont auch Lukas Hammer, Klima- und Energiesprecher der Grünen, in einer Aussendung. "Mehr denn je braucht es nun eine strategische Neuausrichtung und einen klaren Weg Richtung Klimaneutralität 2040." Klar sei aus Sicht von Hammer auch, dass die aktuell im Raum stehenden Überwachungsvorwürfe von Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten rasch und lückenlos von der OMV aufgeklärt werden müssen.