Der Rechnungsabschluss der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) für das Jahr 2019 stößt beim internen Prüfergremium auf deutliche Kritik.

Wie der Prüfbericht zeigt, fehle es unter anderem an einem Gesamtkonzept für Beratungen, zudem werden enorme Ausgaben für geparkte Mitarbeiter, Mitgliedschaften in Golfklubs und teure Schulen hinterfragt.

Als Beispiel für die Mängel in der Gebarung der Kammer führen die Prüfer beispielsweise eine Fachexkursion der Bestatter Wien nach Athen im Rahmen einer dreitägigen Flugreise an. Die Kosten dafür wurden zum Teil von der Fachvertretung getragen.

Für 23 Teilnehmer beliefen sich diese nach Abzug der geleisteten Kostenbeiträge von 9100 Euro auf rund 6000 Euro. "Nach Ansicht des Kontrollamts war der überwiegende Teil dieser Fachexkursion dem privaten Bereich zuzuordnen. Während der dreitägigen Reise wurden nur an einem Nachmittag ein Bestattungsunternehmen und ein Friedhof besucht. Alle anderen Programmpunkte betrafen Stadtbesichtigungen und gemeinsame Essen oder blieben zur freien Verfügung der Teilnehmer", so die Prüfer. 

40.000 Euro für Golf- und Jachtklubmitgliedschaften

Kritisiert werden auch die aus den Pflichtbeiträgen gespeisten Kosten für Wirtschaftsdelegierte im Ausland. Um Kontakte zu Wirtschaft und Politik zu fördern, steuerte die Wirtschaftskammer 2019 etwa 40.508 Euro zu Mitgliedschaften in Golf-, Jacht- oder Sportvereinen bei.

Zwei Drittel einer Zuzahlung seitens des Dienstgebers seien gemäß dem Organisationshandbuch der Außenwirtschaft zulässig, sofern die Kontakte und Informationen zur Förderung des Außenhandels dienen und der private Charakter nicht überwiegt. Dem Kontrollausschuss schien aber etwa eine Golfmitgliedschaft der Wirtschaftsdelegierten in Mailand mit 5111 Euro zu hoch und fragwürdig, obwohl die Begünstigte 1837 selbst beisteuerte.

Personalpool kostete 620.000 Euro

Das WKÖ-Kontrollamt thematisiert auch einen kammerinternen Personalpool, der Personalstrukturen an den zukünftigen Bedarf ausrichten soll. Dort werden offenbar Mitarbeiter geparkt, für die es vorübergehend keinen Bedarf gibt.

"Dabei wurden sieben Fälle identifiziert, bei denen die Verweildauer im Personalpool überdurchschnittlich lange ist. Die Zugehörigkeit zum Personalpool bei diesen sieben Fällen beträgt zwischen 3 und 15 Jahre. Zählt man die gesamten Personalkosten inkl. etwaige Pensionskassenansprüche dieser Mitarbeiter für das Jahr 2019 zusammen, ergibt sich ein Aufwand von 620.000 Euro." Blieben die sieben Personen laut "theoretischer Hochrechnung" des Kontrollamts bis zur Pension im Personalpool, sei bis zum jeweiligen gesetzlichen Pensionsantritt "voraussichtlich gesamthaft mit Kosten in der Höhe von rund sieben Mio. Euro zu rechnen".

Das Kontrollamt meint, "dass bei schwer vermittelbaren Fällen regelmäßig die Verhältnismäßigkeit zwischen den sozialverträglichen Aspekten bzw. den Kosten für die WKÖ zu evaluieren und hinterfragen ist". Ihm sei "bewusst, dass jeder Einzelfall gesondert und individuell zu bewerten ist. Jedoch konnte zur Beurteilung und Bewertung der Einzelfälle dem Kontrollamt keine konkrete und vor allem nachhaltige Strategie betreffend eines wirtschaftlich gerechtfertigten Ressourceneinsatzes der betroffenen Mitarbeiter vorgelegt werden."

Aufwand für Beratungen auf 4,3 Millionen Euro gestiegen

Der Beratungsaufwand der Wirtschaftkammer ist auf 4,3 Mio. Euro gestiegen. 2018 lag er bei 3,52 Mio. Euro. Darüber hinaus stellte das Kontrollamt fest, dass für die Beratungen der Jahre 2018 bis 2020 kein (Gesamt-)Konzept mit Plandaten erstellt wurde. Künftig wäre die Erstellung einer Grundplanung für derart umfassende Beratungsvolumina jedenfalls zu empfehlen.

Schulgeld im In- und Ausland für Kinder von 53 Mitarbeitern beliefen sich von 2010 bis 2019 auf gesamt 5,30 Mio. Euro. Davon entfielen auf die Top-3-Mitarbeiter 25,3 Prozent (1,34 Mio. Euro) und auf die Top-10-Mitarbeiter 57,2 Prozent (3,03 Mio. Euro).

"Es wird daher aufgrund der hohen Schulkosten für die WKÖ abermals (zuletzt im Bericht 2015) empfohlen, einen strengeren Maßstab bei der Übernahme von Ausbildungskosten im Ausland bei der Wahl eines nicht deutschen Schultyps anzulegen und im Inland zu überprüfen, ob nicht doch eine Eingliederung ins österreichische Schulsystem möglich ist und somit die Höhe des Folgekostenzuschusses mit Zusatz- oder Nachhilfeunterrichtskosten begrenzt werden könnte", schreiben die Prüfer in ihrem Bericht.

Das Kontrollamt stellt weiters fest, dass der Pensionsfonds
mit knapp 79 Mio. Euro unterdotiert ist. Der Deckungsgrad belaufe sich auf knapp 69 Prozent, der Bedarf für die Pensionsvorsorge auf 253,8 Mio. Euro. Auch Urlaubsrückstellungen seien mit 12,28 Mio. Euro hoch, davon entfallen 7 Mio. Euro (rund 58 Prozent) auf jene Mitarbeiter, bei denen von der gesetzlichen Verjährungsfrist des Urlaubsanspruchs abgesehen wird.

Reaktion der Wirtschaftskammer

Auf die einzelnen Kritikpunkte geht die WKÖ nur teilweise ein. Sie verweist zudem darauf, dass durch die letzte seit 2019 gültige Kammerreform für die Mitglieder um zehn Prozent weniger Umlagen fällig werden als zuvor.

Zum Bereich der Außenwirtschaft und zu den kritisierten Klubmitgliedschaften und Schulkosten heißt es, dass die Mitgliedschaften in Vereinen "der Förderung des österreichischen Außenhandels dienen, vor allem durch Netzwerkaufbau mit Personen, die für die österreichische Wirtschaft im Gastland relevant sind". Die Mitgliedsbeiträge würden seit 2019 von der WKÖ intensiv evaluiert. "Überwiegt das Privatinteresse, werden keine Kosten übernommen. Reine Sportmitgliedschaften werden nicht genehmigt."

Die hohen Schulkosten würden genau geprüft und im Hinblick auf die Schulauswahl abgewogen. Ziel sei, Mitarbeiter mit Kindern finanziell
nicht zu benachteiligen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie zu ermöglichen. In anderen Ländern seien die Schulkosten oft
hoch.

Die Unterdotierung des Pensionsfonds sei bekannt. "Die
Finanzierung dieser Altlasten erfolgt daher so mitgliederschonend
wie möglich in einem Ratenmodell." Auf die Kontrollamtskritik zu einem fehlenden Gesamtkonzept rund um extern in Anspruch genommene Beratungen und deren Kosten ist die Wirtschaftskammer in ihrer Reaktion auf kritische Details im Kontrollamtsbericht für 2019 nicht eingegangen.