Wie wahrscheinlich ist es aus heutiger Sicht, dass Österreich ab Mitte Mai großflächig öffnet?
HARALD MAHRER: Ich halte es für realistisch, den Anlauf zu unternehmen, breitflächig aufzumachen, wenn sich die Situation weiter so entwickelt wie jetzt. Vorarlberg zeigt, dass es in der Gastronomie ausgezeichnet geht. Einem Öffnen steht nichts im Weg.

Sollten Öffnungen bundesweit oder regional differenziert stattfinden?
Ich bin für ein österreichweites, einheitliches Vorgehen für alle Branchen. Man soll niemanden benachteiligen. Man muss nicht zwischen Gastronomie, Sport, Kunst und Kultur und Hotellerie differenzieren. Das Öffnen muss bundesweit erfolgen – sollte es in einem Bezirk oder Bundesland nicht möglich sein, ist regional darauf zu reagieren.

Und geöffnet wird Mitte Mai?
Ich kann mir das vorstellen – wann genau, entscheidet die Bundesregierung. Darüber ist noch zu verhandeln. Wir haben bei der Öffnungskommission über keinen konkreten Termin gesprochen.

Wären Sie Hotelier, ab wann würden Sie Buchungen entgegennehmen?
Drei bis vier Wochen Vorlauf sind notwendig. Daher muss die Regierung in den nächsten sieben oder maximal zehn Tagen verkünden, wann der Zeitpunkt der Öffnung ist. Wichtig ist auch, dass die Regierung sagt, ab wann es keine Quarantäne mehr für Einreisende gibt. Die Regierung wird beides in der sehr nahen Zukunft kommunizieren.

Im Vorjahr konnte ich ungetestet ein Lokal besuchen. Und heuer?
Ich glaube an einen Sommer, der relativ normal ist. Bis die Durchimpfungsrate hoch genug ist, wird es Eintrittstests geben. Danach sollten keine Tests mehr notwendig sein.

Ist ein Neustart der Gastronomie nur in Gastgärten sinnvoll – wie es in Großbritannien Anfang der Woche der Fall war?
Es ist fair und klug, indoor und outdoor gleichzeitig zu öffnen, wie das Beispiel Vorarlberg zeigt.

Fordern Sie wieder, wie bereits im Winter, eine Sonntagsöffnung im Handel?
Ich sehe dafür keine Notwendigkeit. Man sollte alle Instrumente, die man jetzt hat, ausschöpfen.

Sie haben sich bei MAN gegen die SPÖ-Forderung einer Verstaatlichung ausgesprochen. Sie wollen also eher zusperren?
Es gibt ja Übernahmeinteressenten, ohne dass man das Werk verstaatlicht. Und es gibt weitere Interessentengruppen. Ich verstehe nicht, warum man verstaatlichen sollte. Der Staat als Miteigentümer hat dort, wo es private Interessenten gibt, nichts verloren.

Hat Sie die Tonalität der Chats der Herren Kurz, Blümel und Schmid in der Öbag-Causa überrascht?
Nein. Es hängt davon ab, wie gut man jemanden kennt. Was, wer jemandem wie schreibt, ist Privatsache. Die modernen Kommunikationsmittel erzeugen manchmal eine andere Tonalität.

Das war kein privater Chat, es ging um höchste Postenbesetzungen in der Republik. Wie sehr schadet dieser Postenschacher dem Ansehen der heimischen Wirtschaft?
Es geht um das „Wie“ der Kommunikation. Ich habe außerdem 20 Jahre beobachtet, dass Regierungen eher Menschen, denen sie vertrauen, bei Spitzenpositionen den Vorzug geben gegenüber solchen, die sie nicht kennen oder denen sie nicht vertrauen.

„Hat es eh immer gegeben“ hinterlässt einen schalen Beigeschmack – vom propagierten „neuen Weg“ bleibt nichts mehr übrig.
Es geht nicht um „hat es eh schon immer gegeben“, sondern um Vertrauen und Qualifikation – das ist weltweit so. Und die Sache ist eh Geschichte.

Braucht es einen Neustart und zweiten Vorstand bei der Österreichischen Beteiligungs AG (Öbag)?
Kein Neustart, inhaltlich funktioniert die Öbag sehr gut. Ich sehe keine Notwendigkeit für einen zweiten Vorstand.