"Eine Sensation." Mit diesem Wort beschreibt der Obmann der Autohändler in der Wirtschaftskammer, Klaus Edelsbrunner, ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH). Doch worum geht es? Ein Peugeot-Händler aus Oberösterreich hatte den Autokonzern PSA, heute Stellantis, verklagt, weil dieser seine Marktbeherrschende Stellung ausgenutzt und damit den Händler geschädigt hatte.

So wurden die Prämien für die Autohändler an die Kundenzufriedenheit gekoppelt und die Handelsspanne reduziert, wenn die von Peugeot festgesetzten Verkaufsziele nicht erreicht wurden. Außerdem hat der Generalimporteur selbst Autos an Endkunden verkauft, und zwar unter dem Preis, den Händler selbst zahlen mussten. Auch bei Aktionen hatten Händler wenig Möglichkeiten, sich gegen die Teilnahme zu wehren. Größter Streitpunkt war aber die Abwicklung der Garantien. Hier hat Peugeot keine kostendeckenden Stundensätze gezahlt. Der OGH gibt dem Kläger recht. All diese Praktiken muss der Konzern nun einstellen.

EU-weite Gültigkeit

Das Urteil betrifft aber nicht nur in Österreich, sondern hat europaweit Gültigkeit, wie der auf Kartellrecht spezialisierte Anwalt Peter Thyri erklärt. "Nationale Gerichte wenden ja auch EU-Kartellrecht an. Bei Fällen, die über Landesgrenzen hinausreichen, haben diese Urteile daher Auswirkungen auf alle EU-Staaten." Das bedeutet, dass nun Händler der Stellantis-Marken sich EU-weit an die nationalen Gerichte wenden können. Und da Stellantis mit den Marken Peugeot, Citroën, Opel, Fiat, Jeep, Alfa Romeo, Chrysler oder Dodge der viertgrößte Autokonzern der Welt ist, kann das weitreichende Folgen haben.

Edelsbrunner freut sich natürlich primär über die nun deutlich gestärkte Position der österreichischen Händler. "Schon vor sechs Jahren haben die Kartellbehörden festgestellt, dass es hier eine Ausnutzung einer Marktbeherrschenden Stellung gibt. Wir brauchten nur einen Händler der klagt." Diesen Schritt hat schließlich der oberösterreichische Peugeot-Händler Büchl gewagt. "Der Auslöser war eine Garantieprüfung vor einigen Jahren", erklärt Geschäftsführer Josef Büchl. Der Gram auf den PSA-Konzern sei damals schon groß gewesen. "Ich hab dem Importeur damals gesagt, wenn es hier zu einer Rückzahlung kommt, gehe ich vor Gericht."

Wie Händler-Sprecher Edelsbrunner betont, gab es hier auch seitens der Wirtschaftskammer Rückendeckung. "Wir haben diesen Musterprozess unterstützt und den Kläger schadlos gehalten." Für Stellantis bedeutet das, dass nun alle Händlerverträge neu gemacht werden müssen.

Folgen für andere Autobauer

Das Urteil werde auch andere Marken betreffen, ist der Autohändler überzeugt. Hier wendet der Vertreter der Importeure, Günter Kerle, allerdings ein, dass man nicht alle Marken über einen Kamm scheren dürfe. "Nicht alle Importeure haben solche Verträge mit ihren Händlern." Er glaube daher nicht, dass das Urteil weitreichende Folgen für andere Marken haben werde.

Anwalt Thyri gibt allerdings zu bedenken, dass der OGH sehr wohl klargemacht habe, dass das Urteil nicht nur die konkreten Punkte bei Stellantis betreffe. "Wenn die Summe der Vorschriften im Vertrag zu einer Belastung für den Händler wird, liegt ein Missbrauch vor." Das gelte auch für andere Automarken und andere Vertragsbestandsteile. Angesichts dessen muss auch Importeur-Sprecher Kerle zugeben: "Bei der Neuverhandlung von Verträgen haben die Händler jetzt einen besseren Standpunkt."

Der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Theodor Thanner, hatte im vergangenen Jahr bereits von einer "richtungsweisenden Entscheidung für die österreichischen Fahrzeughändler" gesprochen.