Im Skandal um die Maskenfirma Hygiene Austria, ein Gemeinschaftsunternehmen von Lenzing und Palmers, ermittelt die Staatsanwaltschaft nicht nur wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs, sondern auch der Schwarzarbeit. Nur wenige Beschäftigte sollen fix beim Unternehmen beschäftigt gewesen sein, der Rest bei vier Leiharbeitsfirmen. Ehemalige Leiharbeiter fühlen sich um den Lohn geprellt und haben sich an die Arbeiterkammer Wien und Niederösterreich gewandt.

Nicht gemeldet oder zu wenig bezahlt

"Die Leute waren bei unterschiedlichen Leiharbeitsfirmen beschäftigt und waren bei der Sozialversicherung entweder nicht gemeldet oder sie sind zum Teil nicht oder zu wenig bezahlt worden", sagte Arbeitsrechtsexpertin Andrea Ebner-Pfeifer von der Arbeiterkammer Wien zum "Kurier". "Zum Teil haben sie Lohnabrechnungen, die einen Lohn unter dem Kollektivvertrag ausweisen. Es liegt also Lohndumping vor."

"Sechs Euro netto die Stunde"

Der "Kurier" zitiert einen Arbeiter damit, sechs Euro netto pro Stunde bekommen zu haben, später hätte er zehn Euro erhalten sollen. Doch nach 14 Tagen Arbeit sei Schluss gewesen. "Ich habe keinen Cent und keinen Arbeitsvertrag erhalten", zitiert die Zeitung den Arbeiter.

"Kein langfristiger Betrieb geplant"

Die hohe Zahl an Leiharbeitern gegenüber Angestellten hätte schon viel früher ins Auge springen müssen, so die AK. "Das Verhältnis von 200 Leiharbeitern gegenüber elf fix angestellten Dienstnehmern bei Hygiene Austria in Wiener Neudorf ist mehr als auffällig. Das deutet darauf hin, dass hier von Anfang an nur kurzfristige Gewinne im Mittelpunkt standen und kein langfristiger Betrieb geplant war", sagte Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich, laut "Kurier".

Sozialbetrug im Zunehmen

Auch die Finanzbehörde registriert einen Anstieg des Sozialbetrugs. "Ich kann leider bestätigen, dass das Phänomen des Sozialbetrugs im Zunehmen ist", sagte Finanzministeriumssprecher Johannes Pasquali laut "Presse". Im Schatten des Lockdowns können sogenannte Scheinfirmen länger unentdeckt agieren. Meist findet man diese Machenschaften auf dem Bau und im Baunebengewerbe. Aber immer öfter treten windige Geschäftsleute als Arbeitskräfteüberlasser auf den Plan.

Zwei der vier Leiharbeiterfirmen, mit denen Hygiene Austria gearbeitet hat, stehen auf der Liste der Scheinfirmen im Finanzministerium. Eine dritte wird von der Gewerkschaft PRO-GE als "äußerst dubios" bezeichnet.

Die Sicht der "Hygiene Austria"

Spricht man mit "Hygiene Austria"-Geschäftsführer Tino Wieser, so stellen sich die Dinge aus seiner Sicht ein wenig anders dar:

  • Die "Hygiene Austria" habe die Verträge der Leiharbeiter nie gesehen, diese werden ja von den Personalverleihern ausgestellt.
  • Die "Hygiene Austria" habe pro Hilfskraft einen Stundenlohn von 22 Euro bezahlt, für Maschinenbediener einen Stundenlohn von 33 Euro. In den Verträgen mit den Personalverleihern gebe es einen Passus, wonach diese kein Lohndumping betreiben dürfen. Für Leiharbeitskräfte gebe es einen Mindestlohn, in deren KV geregelt: Das beginnt bei 10,39 Euro für ungelernte Arbeitnehmer im 1. Jahr der Betriebszugehörigkeit und steigert sich bis zum qualifizierten Techniker, mit 19 Euro Stundenlohn.
  • Die "Hygiene Austria" habe sich immer auch die Anmeldebestätigungen bei der GKK vorlegen lassen

Falls es also Malversationen gegeben haben sollte, so lägen die die Verantwortungsbereich der Personalverleiher.

Zur Zahl der Beschäftigten hatte Wieser im Interview mit der Kleinen Zeitung so erklärt: "Wir beschäftigen 220 Leute, mit den neuen Maschinen werden es 300 sein: 10 davon von Palmers, mit Handels-KV, 15 bis 20 von Lenzing, mit dem Chemie-KV, viele andere der 850 Palmers-Beschäftigten waren bzw. sind vorübergehend im Einsatz, und dazu eben die Leiharbeiter. Wir haben uns immer alle Anmeldungen vorlegen lassen. Das Material war auf der ganzen Welt ausverkauft, die Maschinen waren Mangelware, ich hatte auch mit Verkauf und Marketing genug zu tun. Wir wollten uns das Personalthema auch ein Stück weit ersparen."

Mit dem Einsatz der Palmer-Mitarbeiter bei der "Hygiene Austria" habe man bei Palmers Kündigungen vermeiden können.