Ein Verdacht nach dem anderen aus den Akten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft findet seinen Weg in die Medien, ohne dass Tino Wieser, Geschäftsführer von Hygiene Austria, zuvor damit konfrontiert geworden wäre und eine Chance gehabt hätte, die Vorwürfe zu entkräften. Am späten Nachmittag des Dienstag war es der Zoll, der die Medien beschäftigte. Hat die Hygiene Austria Millionen Masken am Zoll vorbei aus China importiert? Die "Presse" schreibt, es sei unklar, in welchem anderen Land  - und ob überhaupt - die Masken verzollt wurden. Eine falsche Deklaration der Masken sei "denkbar".

Denkbar ist vieles. Wir fragten nach bei Tino Wieser und erhielten folgende Auskunft: "Die Masken wurden ordnungsgemäß in die EU eingeführt, in ein großes Land, keinen Kleinstaat, und es wurden alle Abgaben abgeführt."

Warum über ein anderes Land? Wieser erklärt es mit Schwierigkeiten hierzulande. Im April habe man versucht, mit der AUA über Schwechat Maschinen nach Österreich zu bekommen. "Das hat nicht funktioniert und war dreimal so teuer."

Leck bei den Behörden?

Was sich Wieser fragt: Wieso eigentlich ständig neue "Informationen" in den Medien landeten, mit denen ihn die Behörden noch nicht konfrontiert hätten. Gegenfrage: Hat er schon Beschwerde erhoben? Lakonische Antwort: "Dazu bräuchte ich eine zweite Unterschrift, und ich habe im Moment keinen Zweiten."

Der Zweite, die Lenzing AG, sei immer noch auf Tauchstation. Für morgen, Donnerstag, sei ihm ein Gespräch versprochen.

Ein anderer Vorwurf löste sich gestern in Luft auf. Auf welche Weise dies geschah, dokumentiert, was passiert, wenn ordnungsgemäß abgearbeitet wird:

Kein Vertrag keine Zahlungen

Wie sie diversen Medienberichten entnehme, "bestand zwischen der Hygiene Austria LP GmbH und der AD Job Assist GmbH ein Vertragsverhältnis", schreibt Ulla Reisch an Tino Wieser. Reisch ist eine renommierte Rechtsanwältin und Insolvenzverwalterin im Fall "AD Job Assist GmbH", eine Personalvermittlungsfirma, die von der Finanz inzwischen als "Scheinunternehmen" identifiziert wurde und in die Pleite schlitterte. Ihr lägen zu einem Vertragsverhältnis mit der "Hygiene Austria" keine Unterlagen vor, so Reisch, und am Konto der Job Assist seien auch keine Zahlungen der "Hygiene Austria" ersichtlich. Sie ersuche um Übermittlung allfälliger Verträge sowie der Rechnungen samt Leistungsnachweis.

Reisch fügte informationshalber gleich dazu, dass offenbar 13 der Beschäftigten dieser Firma als Fahrer für einen Zustelldienst tätig seien und die restlichen für die Autowäsche der sieben geleasten PKWs der sieben Fahrer. Wobei das Zustellunternehmen mitgeteilt habe, dass es die "Job Assist" nicht einmal kenne.

Die "Job Assist" wird sich somit wohl tatsächlich als Scheinunternehmen herausstellen. Was aber hat das mit der "Hygiene Austria" zu tun?

Direkt wohl nichts, aber indirekt womöglich. Die Insolvenzverwalterin, fragt vorsichtshalber noch einmal nach. Und Wieser will ihr folgende Antwort geben: Nein, es gebe keinen Vertrag. Und nein, es sei nie etwas an diese Firma bezahlt worden.

Gesellschafterdarlehen über Liechtenstein

Und wie verhält es sich mit dem Gerücht zu Liechtenstein? Mit der Zahlung, die angeblich über eine Stiftung in Liechtenstein abgewickelt wurde? Klingt "anrüchig", ist aber laut Wieser ebenfalls ganz einfach zu erklären:

Über Liechtenstein sei etwas anderes gelaufen, nämlich die Einbringung des Stammkapitals in die "Hygiene Austria" (jeweils 1.650.000 Euro von Palmers AG und Lenzing AG). Das wiederum habe folgenden Grund: Bei der Stiftung handle es sich um eine seit den 1970er-Jahren bestehende Familienstiftung der Familie Hutman, 50-Prozent-Eigentümer von Palmers. Die Firma Palmers, die ja aufgekauft wurde, um sie zu retten, sollte mit dem Investment nicht belastet werden, die Familie Palmers und die Familie Hutman hätten daher - und auch aus steuerlichen Gründen - das Stammkapital als Privatpersonen eingebracht, in Form von Gesellschafterdarlehen, finanziert aus der Stiftungen der Familie Hutman und der CFA-Gesellschaft der Familie Palmers in Liechtenstein.

Zeit gewinnen und Unterlagen liefern

Genervt ist Wieser ob der Tatsache, dass er ständig von neuen Informationen in den Medien überrascht werde und darauf reagieren müsse. "Ich versuche jetzt Zeit zu gewinnen, alle Unterlagen zusammenzusuchen, den Behörden zu übermitteln." Und das Technik-Leck zu bearbeiten, das der abrupte Abgang der Partner von der Lenzing AG hinterlassen habe. "Ich sitze praktisch alleine im Büro, 18 von 20 Leuten, die mit der Produktion befasst waren, sind weg."