Die Bundesregierung hat im Rahmen der Coronahilfen nun angekündigt, die Stundungen von Steuern und Abgaben (Sozialversicherungsbeiträge) um drei Monate bis 30. Juni zu verlängern. Auch wird die Möglichkeit geschaffen, diese COVID-bedingten Rückstände mit Ratenzahlungen zu begleichen, wenn die Stundungen enden - "über längere Zeit zu einem weitaus günstigeren Zinssatz", teilte das Finanzministerium mit.

"Wir sorgen dafür, dass die Unternehmen nicht in der ersten Erholungsphase nach dem Lockdown Steuern zurückzahlen müssen", so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). "Mit dem neuen Ratenzahlungsmodell geben wir unseren Unternehmen spürbar mehr Zeit, um ihre Steuerrückstände zu zahlen", heißt es von Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler.

Keine Stundungszinsen und Säumniszuschlägebis 30.6.

Bis zum 30. Juni werden keine Stundungszinsen und Säumniszuschläge festgesetzt, so Blümel. Zudem werde den Abgabepflichtigen eine neuerliche Antragstellung und den Finanzämtern eine weitere Bescheiderlassung erspart.

77 Prozent der Stundungen und Herabsetzungen betreffen Kleinunternehmen mit einem Jahresumsatz bis 700.000 Euro. Bis 31. Dezember 2020 gab es Stundungen in der Höhe von insgesamt 6,5 Milliarden Euro. Davon sind aktuell laut Finanzministerium noch rund 5,3 Milliarden Euro an Steuern gestundet bzw. Steuervorauszahlungen herabgesetzt. In Summe sind bis dato 894.661 Anträge freigegeben worden.

Reform des Insolvenzrechts

Gleichzeitig haben ÖVP und Grüne eine Einigung zur Reform des Insolvenzrechts verkündet. Vor allem sinkt die Entschuldungsdauer auf drei Jahre. Für Firmen soll das generell gelten, für Private nur für die nächsten fünf Jahre. Für Firmen ist auch ein neues, präventives Restrukturierungsverfahren geplant.

Konkret soll es eine "zweite Chance für Unternehmen" geben. Bei Gericht soll ein individueller Restrukturierungsplan mit Zustimmung der Gläubigermehrheit erzielt werden. So werde ein Interessenausgleich zwischen dem verschuldeten Unternehmer und seinen Gläubigern hergestellt. Anders als bei der Insolvenz, müssen dabei nicht alle Gläubiger einbezogen werden. Zudem können die Verluste der Gläubiger verringert werden, so die Bundesregierung. Auch bei Nichtzustimmung einzelner Gläubiger können Forderungskürzungen und -Stundungen vorgenommen werden. Der Unternehmer wird bei Bedarf von einem Restrukturierungsbeauftragten unterstützt oder kontrolliert.

"Mit dem neuen Gesetz tragen wir dazu bei, den finanziellen Engpass von Unternehmen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Hilfsmaßnahmen einzuleiten", so Finanzminister Blümel. "Mit diesen Maßnahmen soll ein rascher Neustart für Unternehmer möglich sein, rechtzeitig bevor eine Insolvenz unumgänglich wird", sagt Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Begutachtung beginnt kommende Woche 

Eine EU-Richtlinie schreibt vor, dass die Entschuldung für Unternehmer auf drei Jahre zu verkürzen ist. Die Richtlinie ist bis 17. Juli umzusetzen. Der Regierungsentwurf, dessen Begutachtung kommende Woche beginnen soll, enthält eine solche Regelung nun befristet auf fünf Jahre auch für Private. Das hatten die Grünen gefordert, die ÖVP hat sich dem Vernehmen nach eher gegen die Verkürzung für Private gewehrt. Die Befristung dürfte die Kompromisslösung sein.

Zur - vorübergehend - rascher möglichen Entschuldungsmöglichkeit für Private sagt Kogler, der derzeit die zuständige Justizministerin Alma Zadic vertritt, dass Betroffene schneller wieder eine Perspektive erlangen könnten. Geholfen werde auch Ein-Personen-Unternehmen. Denn dort ist es oft schwierig zwischen unternehmerischen und persönlichen Schulden zu unterscheiden.

ÖGB will Staatsbeteiligungen als Firmenhilfen

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) forderte am Samstag indes, dass die Republik zeitlich begrenzt Unternehmen - ob groß oder klein - mit staatlichen Beteiligungen hilft. Das könne in Form eines Fonds erfolgen, so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian im Ö1-Radio am Samstag. Die Dotierung lässt der ÖGB offen. Beteiligungen sollten in Form stiller Beteiligungen für sieben bis zehn Jahre erfolgen. In dieser Zeit müssten die Mitarbeiter gehalten und den Managern keine Boni ausbezahlt werden. Vorbild könne der Fonds "Stolz auf Wien" sein, über den sich die Stadt Wien bisher an acht Unternehmen beteiligt hat.