Der Streit um weitere Staatshilfen für ÖBB und Westbahn für den Bahnverkehr zwischen Wien und Salzburg geht weiter. Während die grüne Verkehrsministerin auf eine Verlängerung der Notvergabe drängt, will der ÖVP-Finanzminister seine Genehmigung noch nicht erteilen. Westbahn-Miteigentümer Hans Peter Haselsteiner richtete heute einen dringenden Appell an den Finanzminister. Ohne Notvergabe müsste die Westbahn ab Anfang nächster Woche die Züge um mehr als die Hälfte reduzieren.

Umsatz und Passagierzahlen der Westbahn seien seit dem ersten Lockdown bedingt durch die Corona-Pandemie auf 10 bis 30 Prozent eingebrochen im Vergleich zu "normalen Zeiten". Daher fahre das Unternehmen nun Verluste ein. Die Eigentümer seien bereit, diese zur Hälfte abzudecken, aber die andere Hälfte müsse vom Staat kommen. Denn es sei auch im Interesse des Staates, mehr Züge auf der Strecke zu haben. Mehr Züge bedeuteten auch, dass der Mindestabstand von zwei Metern in den Zügen eingehalten werden könne.

Knapp 50 Mitarbeiter abgebaut

Die Westbahn habe nach Anfangsverlusten 2018 und 2019 einen Gewinn gemacht. 2019 lag der Gewinn laut Haselsteiner bei 16 Millionen Euro nach Steuern. "Wir sind kein Verlustunternehmen", betonte Haselsteiner am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz. Im Coronajahr 2020 wurde ein Verlust von 6,5 Mio. eingefahren, ungefähr so hoch wie die Höhe des Zuschusses durch die staatliche Bestellung. Die Westbahn habe 49 Leute abbauen müssen und beschäftige derzeit 200 Arbeitnehmer, man nutze auch das Instrument der Kurzarbeit. Ohne die staatliche Bestellung würde der Verkehr ab Anfang nächster Woche in den Stoßzeiten aufrechterhalten, aber in den Randzeiten wegfallen müssen, und man müsse Jobs abbauen.

Haselsteiner ortet auch eine wettbewerbsrechtliche Schieflage, wenn der Staat zwar die Bundesbahn ÖBB unterstütze, aber die - mehrheitlich private - Westbahn nicht. Das würde die Wettbewerbsbehörden in Brüssel wohl interessieren. Er richte daher einen "Appell, keine Forderung" an Blümel, die Notvergabe so wie bisher fortzusetzen. Die Westbahn müsse eigentlich mehr statt weniger Züge auf die Strecke schicken, um das Infektionsrisiko der Passagiere zu minimieren.

Gewessler: Weitere Staatshilfen in Vorbereitung

Im Streit um weitere Staatshilfen für ÖBB und Westbahn zur Aufrechterhaltung des Bahnverkehrs zwischen Wien und Salzburg sagte unterdessen Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) "wir haben wir alles vorbereitet für die Verlängerung der Notvergabe auf der Weststrecke". Der Antrag des Verkehrsministeriums ist seit 7. Jänner gestellt. Formal ist die Zustimmung des Finanzministeriums nötig. Diese steht noch aus.

Das Verkehrsministerium sei "intensiv am Vorbereiten auch mit den betreffenden Bahnen", so Gewessler am Rand einer Pressekonferenz. Nach erfolgter Genehmigung "geht es nur mehr um wenige Tage."

Das Volumen der Notvergabe ist derzeit mit rund 30 Millionen Euro für den nächsten Schritt budgetiert, hatte Gewessler gestern erklärt. Sie sei jetzt für weitere zwei Monate avisiert. Seit letzten April haben ÖBB und Westbahn insgesamt fast 93 Millionen Euro erhalten.

Finanzierung von verschiedenen Fragen abhängig

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ließ es in seiner getrennten Pressekonferenz auf Journalistenfragen indes offen, ob er Geld für die Westbahnstrecke freigibt. Er hielt aber fest, "dass es in einer Phase, in der sanfte Lockerungen geschehen, niemand verstehen würde, wenn die Intervalle ausgedünnt werden". Das Verkehrsministerium von Leonore Gewessler müsse auf Fachebene aber noch gewisse Fragen seines Finanzministeriums beantworten.

Blümel hat auf mehrere Nachfragen am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag durchblicken lassen, dass die Nachfragen des Finanzministeriums gerechtfertigt seien, weil ÖBB-Chef Andreas Matthä zuletzt davon gesprochen hat, dass die Staatsbahn im Coronajahr 2020 einen Gewinn schreiben werde. Die mehrheitlich private Westbahn mit ihrem größten Anteilseigner, Milliardär Hans Peter Haselsteiner, schreibt fürs Vorjahr keinen Gewinn. Kann man die beiden Unternehmen unterschiedlich behandeln? "Auch das muss man sich genau anschauen", sagte Blümel.

Die Frage, ob es nötig sei, einem Unternehmen, das Gewinne schreibt, weitere COVID-Hilfen auszubezahlen, sei "im Sinne der Steuerzahler gerechtfertigt", argumentierte Blümel. Freilich sind Coronahilfen nicht grundsätzlich davon abhängig.

Jeder Minister wolle in seinem Bereich das beste herausholen, so sei es auch bei Gewessler in ihrem Bereich. Die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung leide nicht darunter, betonte Blümel.