Die Finanzwelt blickt heute erstmals in diesem Jahr in die Schaltzentrale der Europäischen Zentralbank nach Frankfurt zur virtuellen Tagung des EZB-Rats. Experten erwarten diesmal keine neuen Feuerwehreinsätze zur Eindämmung der Krise. Dafür mehren sich Hinweise, dass die Bürger auf steigende Inflationsraten vorbereitet werden sollen.

Noch ist Inflation niedrig

Noch ist die Teuerung auf niedrigem Niveau, unter dem für die Eurozone angestrebten Zielwert knapp unter 2 Prozent. 2020 stiegen die Preise in Österreich um 1,4 Prozent, die Inflationsrate sank gegenüber den Vorjahren (2017 2,1 Prozent), 2018 (2 Prozent), 2019 (1,5 Prozent). Spürbar teurer wurde es an Supermarktkassen: Preise für Nahrungsmittel stiegen um 2,4 Prozent, vor allem jene für Obst und Fleischwaren (4,6 bzw. 4,5 Prozent). Wohnung, Wasser und Energie verteuerten sich um 2,3 Prozent, nur Treibstoffe wirkten dämpfend.

Sind Sorgen vor hoher Teuerung übertrieben?

Sorgen vor hoher Inflation mögen übertrieben wirken, zumal die Inflation im Euroraum und in Deutschland mit voraussichtlich 0,3 und 0,4 Prozent im Vorjahr diesen Namen nicht verdient. Doch die Preisbremse war und ist Corona. „Der Konsum ist 2020 eingebrochen, weil es kaum Möglichkeiten gab, Geld auszugeben. Da ist es wenig wahrscheinlich, dass Preise steigen“, erklärt die Ökonomin Monika Köppl-Turyna, Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstitutes EcoAustria. Wer es sich leisten konnte, sparte: Die Sparquote kletterte von 8,3 auf 13,5 Prozent.

"Spätestens im März dreht sich das um"

„Spätestens im März wird sich das umdrehen, werden die Inflationsraten nach oben getrieben“, ist Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisenbank International, überzeugt.

Gründe dafür gibt es genug: Durch das erhoffte Ende der Pandemie und konsumhemmender Lockdowns ist ein „positiver Nachfrageschock“ zu erwarten, der die Konjunktur und damit die Inflation anheizt. Dazu kommen derzeit wieder etwas steigende Ölpreise, die sich auch an den Tankstellen niederschlagen.

Dienstleistungen als Motor für Teuerungen

Aus Sicht des RBI-Experten Brezinschek könnte aber der Dienstleistungssektor zum größten Motor für Teuerungen werden. Er ortet bereits jetzt Preissteigerungen bei Hotels, die schon Zimmer für das Frühjahr und den Sommer anbieten. „Aber auch die Gastronomie oder Konzertveranstalter, ganz viele Branchen haben gerade riesige Ausfälle, die immer weniger abgedeckt werden, da kann ich mir gut vorstellen, dass es zu höheren Preisen kommen wird“, so Brezinschek. Mit einer nachhaltigen Preisspirale nach oben rechnet er allerdings nicht. Auch von offizieller Seite gibt es keine Warnung vor einer deutlich höheren Inflation im heurigen Jahr. Die Nationalbank (OeNB) geht in ihren jüngsten Prognosen bis 2022 von einer moderat steigenden Inflationsrate von 1,7 Prozent aus.

Aber auf lange Sicht ...

Auf lange Sicht könnte die von der EZB massiv ausgeweitete Geldmenge die Inflation allerdings kräftig nach oben treiben. Das erwartet Köppl-Turyna: „Irgendwann steigt die Inflation durch die Geldmenge. Das spiegelt sich in den Immobilienpreisen bereits wider.“

Die Kosten fürs Wohnen waren 2020 übrigens massive Inflationstreiber in Österreich. Die Wohnungsmieten stiegen im Vorjahr um 4,1 Prozent, Strompreise schnellten um 5,8 Prozent in die Höhe. Die Arbeiterkammer fordert nun Preisbremsen, etwa durch ein neues Mietrecht, aber auch mehr Unterstützung für Mieter.

Die subjektiv gefühlte Verteuerung beim Einkauf im Supermarkt, der zufolge Corona 2020 viele Preise gepfeffert hat, könnte gerade wieder etwas gemildert werden. Die Supermarkt-Ketten überbieten sich derzeit mit extrem niedrigen Aktionspreisen bei Fleisch und Gemüse. Das ist eine typische Umsatzbelebung des Handels für die Phase zwischen Weihnachten und der Fastenzeit.