Trotz anlaufender Impfungen macht sich in der Luftfahrtindustrie noch kaum ein Lüfterl von Optimismus breit. Die neuerliche Verschärfung der Corona-Pandemie durch die Virusmutationen in Großbritannien oder Südafrika sorgt für erhebliche Unsicherheit. Europas größte Airline, die Ryanair, kündigte etwa am Donnerstag an, ab Monatsende das Flugprogramm noch einmal drastisch zu reduzieren. Auf britischen und irischen Airports stellt die Billigairline ihren Betrieb vorübergehend praktisch ein. Das Passagieraufkommen dürfte im Februar und März auf jeweils 500.000 Passagiere absacken. Das ist nur noch rund ein Viertel der 1,9 Millionen Fluggäste vom Dezember - und das war schon ein Minus von 83 Prozent im Vergleich zum Dezember 2019.

Die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines nimmt ihre Angebotsaufstockung rund um Weihnachten von zehn auf 20 Prozent ab 11. Jänner wieder weitgehend zurück. An dem Tag endet theoretisch auch das vor Weihnachten verhängte Landeverbot für Flüge aus Großbritannien und Südafrika, praktisch ist aber wohl von einer Verlängerung auszugehen. „Das aktuelle Landeverbot lässt leider zu viele Hintertüren offen,“ so AUA-Chef Alexis von Hoensbroech. Über Dubai oder Istanbul könnten Reisende aus Südafrika ungehindert nach Österreich kommen. Hier seien effektivere Maßnahmen gefragt.
Die Airline bereitet sich jetzt darauf vor, dass viele Länder künftig verpflichtende Impf- oder Testnachweise bei der Einreise verlangen dürften. „Dafür prüfen wir unter anderem auch den Einsatz digitaler Gesundheitspässe,“ erklärt von Hoensbroech.

Heuer bei 50 Prozent des Vorkrisenniveaus

Unter guten Voraussetzungen will die AUA ihr Flugangebot in der Hochsaison im Sommer auf 50 bis 70 Prozent im Vergleich zur Vorkrisenzeit ausweiten. Also, wenn die Impfstrategien aufgehen und mehr Schnelltests an Flughäfen durchgeführt werden. 2020 war die AUA-Führung jedenfalls zu optimistisch: Von Juni bis Ende des Jahres flog die Airline schlussendlich nur 15 Prozent des Angebotes von 2019. In der gesamten Lufthansa-Gruppe lag das Minus laut Eurocontrol-Zahlen „nur“ bei 67 Prozent.

Die Eurocontrol schätzt, dass sich der europäische Luftverkehr heuer bei 50 Prozent des Vorkrisenniveaus einpendeln wird. 2020 war er um 55 Prozent geschrumpft. 191.000 Jobs gingen laut Eurocontrol in der Branche bisher verloren.

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) wählte einen historischen Vergleich, als sie gestern die Zahlen für 2020 meldete. 1,46 Millionen Starts, Landungen und Überflüge bedeuten ein Minus von 56 Prozent. Das waren so wenige wie Ende der 1980er Jahre. In Österreich sackte die Zahl der Flugbewegungen von 1,37 Millionen um 57 Prozent auf 591.000 ab.

Wenn der Flughafen Schwechat für 2020 mit maximal 7,8 Millionen statt zuvor fast 32 Millionen Passagieren rechnet, dann entspricht das dem Niveau Anfang der 1990er Jahre.

Um 1,7 Milliarden Passagiere weniger

Für ganz Europa beziffert die Eurocontrol das Passagierminus auf 1,7 Milliarden Passagiere. Eine Erholung der Branche auf Vorkrisenniveau sieht Eurocontrol erst um 2025. Nach dem pessimistischsten Szenario, bei dem sich etwa die Impfung als nicht effektiv erweist und das Passagiervertrauen gering ist, könnte sich die Erholung sogar bis 2029 ziehen.

Der Präsident des österreichischen Luftfahrtverbandes Austrian Aviation Association, Peter Malanik, vermisst aufseiten der Politik klar definierte Ziele: „Es kommen immer neue Maßnahmen, die offenbar von verschiedenen Zahlen abgeleitet werden.“ Für sicheres Fliegen mit verpflichtenden Tests müsse die Infrastruktur nur geringfügig angepasst werden. Das sei sinnvoll und besser als plakative Maßnahmen, die in Bezug auf das Fliegen sachlich nicht gerechtfertigt seien.