Der Gormorgon-Wandschrank passt nicht mehr in die neue Wohnung. Das Billy-Regal steht auch nur noch im Keller. Kein Problem: Der schwedische Möbelriese kauft gebrauchte, aber gut erhaltene Produkte neuerdings wieder zurück. „Zweite Chance“ nennt Ikea das Geschäft mit dem Gebrauchten, das Teil der aktuellen Nachhaltigkeitsstrategie ist. Und in den Fundgruben aller Ikea-Einrichtungshäuser in Österreich können die gebrauchten Regale, Kommoden, Esstische oder Sofas günstig gebraucht gekauft werden.

„Du sparst bares Geld und tust der Umwelt etwas Gutes.“ So wirbt Ikea um die „Ausmister“, die für ihre gebrauchten Möbel nicht mit Geld, sondern mit Ikea-Guthabenkarten bezahlt werden. Ausgerechnet Ikea, der als Anbieter so genannter Fast Furniture, also billiger Möbel und Massenware, bei Umweltschützern in der Kritik steht. Auch das Modell „Zweite Chance“ erntet nicht nur Lob. „Es geht dabei vor allem darum, den Neukauf anzuregen und alte Produkte aus dem Markt zu nehmen“, sagen Konsumentenschützer.

„Es geht um die Kreislaufwirtschaft“, heißt es hingegen von Ikea Österreich. „Um Material- und Produktkreiskläufe. Auch im eigenen Leben, in der eigenen Familie, machen Ikea-Möbel ja Kreisläufe mit. Das Service wird gut angenommen.“ Im Frühling soll es mit einem „Green Friday“ noch groß beworben werden. Er hätte schon im Herbst 2020 stattfinden sollen, aber: Corona.

Modehandel sprang auf

Häufiger als in der Möbelbranche bietet die Textilindustrie Rückkaufgeschäfte an. Vor gut einem Jahr startete H&M in Österreich mit dem Rückkauf von gebrauchten H&M-Stücken. Man gibt sie (wenn die Shops wieder aufsperren dürfen) in einem Sackerl an der Kasse ab und bekommt dafür H&M-Gutscheine.

Auch die Otto-Tochter About You bietet inzwischen Second-Hand-Mode an. Im September startete Zalando, Europas größter Online-Modehändler, mit dem An- und Verkauf von Secondhand-Mode – zunächst in Deutschland, Spanien, Polen, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. „Das Interesse für pre-owned Mode ist hoch und steigt kontinuierlich. Für uns geht es auch darum, Zalando eine weitere Dimension zu verleihen“, begründet Zalando-Manager Torben Hansen den Einstieg in dieses Geschäft.

Boom auf Plattformen

Online-Plattformen wie Willhaben, Momox, Ubup oder Rebelle profitieren schon länger vom Trend. Die Nachfrage nach Weiterverwendbarem steigt. Nachhaltiges Konsumverhalten ist „in“. Die Bewegung soll sich einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) und Vestiaire Collective zufolge in den kommenden fünf Jahren fortsetzen. Die Studie geht davon aus, dass der Secondhand-Modemarkt in Industriestaaten bis zu 100 Prozent zulegt.

Dahinter stecke nicht nur Trendbewusstsein und Kaufkraft, sondern auch der Wunsch, einzigartige Stücke zu besitzen und umweltbewusst zu sein. Jeder Zweite kann sich einer Umfrage zufolge vorstellen, in Zukunft öfter gebraucht zu kaufen, um die Umwelt zu schonen. „Und den Unternehmen bietet der Secondhand-Markt die Möglichkeit, das eigene Markenimage zu stärken oder neue Kunden zu gewinnen“, sagt der BCG-Experte Felix Krüger.

"Aus alt mach Geld"

Corona befeuert das Geschäft noch, denn die Menschen haben in der Pandemie einen neuen Zeitvertreib gefunden: Sie misten aus. Die Secondhand-Plattformen berichten, dass die Nutzer in den Phasen des Lockdowns mehr gebrauchte Stücke hochgeladen, ver- bzw. gekauft haben. Aber nicht nur Kleidung und Möbel, sondern auch Spiele, Bücher und Filme.

Der Aufräumeffekt treibt das Geschäft, so etwa bei der Gebrauchtwarenplattform Momox, zu der auch der Verkaufskanal Medimops und die Mode-Tochter Ubup gehören. Momox, gegründet in Berlin, war 2006 das erste deutsche Unternehmen für „Re-commerce“. Seit 2011 ist es in Österreich aktiv (Werbeslogan: „Aus alt mach Geld“). Die Kunden müssen einfach den Barcode des Buches einscannen, dann sehen sie den Preis, den sie erzielen können, und schicken die Bücher, aber auch viele andere Medienprodukte, an Momox. Das Porto trägt das Unternehmen.