23 Stellungnahmen waren bis Dienstagabend eingegangen, etliche weitere dürften am heutigen Mittwoch noch folgen, bevor die Begutachtungsfrist für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) zu Ende geht. Dann soll das lange angekündigte, milliardenschwere Paket den Weg durch die Institutionen nehmen, bevor es (im Idealfall) mit Jahresbeginn in Kraft treten kann.

Das EAG soll das bisherige Ökostromgesetz ablösen und das rechtliche Fundament für den Ausbau der klimaneutralen Stromerzeugung in Österreich legen, um binnen zehn Jahren einen hundertprozentigen Ökostrom-Anteil zu erreichen. Wobei diesbezüglich mit zwei häufigen Missverständnissen aufgeräumt werden muss. Erstens: Österreich wird es nicht bewerkstelligen können, sich ab 2030 zu jedem Zeitpunkt selbst mit grünem Strom zu versorgen. Wenn zwischen Sommer und Winter oder Tag und Nacht die Erzeugungsmengen der Wasser-, Wind- und Solarkraftwerke schwanken, müssen die entstehenden Lücken mit Importen oder österreichischen Gaskraftwerken aufgefüllt werden. Das ist heute so und dürfte sich so rasch auch nicht ändern. Und zweitens schaffen auch die Bundesländer für sich genommen binnen zehn Jahren nicht durchgehend eine hundertprozentige Eigenversorgung mit Ökostrom. Während Niederösterreich und das Burgenland dank Donau-Wasserkraft und großflächigen Windparks übers Jahr gerechnet schon heute mehr grünen Strom produzieren als sie benötigen, werden Bundesländer wie die Steiermark diesen Anspruch auch 2030 noch nicht erfüllen können. Aus diesen Gründen enthält das EAG die Worte „national bilanziell“. Bedeutet: Österreich als Gesamtheit soll ab 2030 übers Jahr gerechnet so viel grünen Strom produzieren, wie es verbraucht.

Nötig ist dafür ein Kraftakt. Eine zusätzliche Erzeugungskapazität von 27 Terawattstunden Strom aus erneuerbaren Quellen soll im laufenden Jahrzehnt geschaffen werden. Ausgehend von den derzeit vorhandenen Strukturen entspricht das einer Steigerung um die Hälfte (siehe Grafik unten). Den Großteil davon sollen Fotovoltaik und Windkraft beisteuern, auch die Wasserkraft soll einen (im Verhältnis kleineren) Ausbauschub bekommen.

Diese Aussichten rufen Konflikte hervor. Während über das grundsätzliche Ziel weitgehend Einigkeit herrscht, spaltet das Wie die Lager. Die Energiewirtschaft stößt sich etwa an den geplanten zusätzlichen Naturschutzkriterien für neue Wasserkraftwerke, dem WWF hingegen gehen sie nicht weit genug. Kraftwerke in Schutzgebieten sollen nach Ansicht der Naturschützer von Haus aus keinen Förderanspruch haben. Der Branchenverband „Oesterreichs Energie“ lehnt hingegen eine zusätzliche ökologische Prüfung ab. Bereits jetzt werde die Ökologie solcher Anlagen im Rahmen der Genehmigung streng kontrolliert, man wolle keine doppelte Prüfung.

Ähnlich die Lage bei der Windkraft. Rechnerisch wären mehr als 1300 zusätzliche Windräder nötig, um die im EAG festgeschriebenen Ziele zu erreichen, was Natur- und Landschaftsschützer auf den Plan ruft. Selbst bei der lange als sanfteste Energieform gepriesenen Fotovoltaik tun sich bereits Gräben zwischen Planern von Großanlagen und Anrainern auf. Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber forderte zuletzt zudem eine generelle Fotovoltaikpflicht im Neubau: „Aus meiner Sicht dürfte es in Österreich keinen einzigen Neubau mehr geben, bei dem nicht eine Fotovoltaikanlage vorgeschrieben wird. Das muss in den Bauordnungen festgeschrieben werden.“

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ortet folglich noch etliche Knackpunkte im Gesetz und verweist auf zu erwartende Nutzungskonflikte. „Da werden wir einen Schritt aufeinander zugehen müssen“, so die Ministerin in Richtung der Proponenten.