Das Gerücht, dass in den Stunden vor der Schaltersperre der Commerzialbank (Cb) Mattersburg noch rasch hohe Geldsummen beiseitegeschafft worden seien, kam sofort auf und hält sich hartnäckig. Am Montag rückten die Regionalmanagement Burgenland Gmbh (RMB), eine Gesellschaft des Landes, und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SP) zum Dementi aus. Nein, Berichte, die RMB habe kurz vor dem Ende der Bank 1,2 Millionen Euro herausgezogen, seien eine Lüge. Das Geld sei nach wie vor auf einem Konto der Cb und dort gesperrt. 100.000 Euro aus der Einlagensicherung habe man bekommen, der Rest sei verloren, so die RMB.

Montagabend jedoch die Wende. Nach einem Gespräch mit dem RMB-Geschäftsführer am Nachmittag räumte der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) schließlich ein, dass die Regionalmanagement Burgenland GmbH (RMB) versucht hat, kurz vor Schließung der Commerzialbank (Cb) Mattersburg durch die Finanzmarktaufsicht Geld abzuziehen. Der Transferversuch sei aber nicht gelungen, so Doskozil in "Burgenland heute".

Am Tag der späteren Schließung habe es bereits Gerüchte über die Bank bzw. über eine Selbstanzeige von Direktor Martin Pucher gegeben, argumentierte Doskozil. Dieses Gerücht sei nach seinem Wissensstand aus dem privaten Umfeld von Pucher gekommen, sagte Doskozil. In dieser Situation hätten Personen auch fünf bis zehn Mio. Euro aus der Bank abgezogen. Der RMB-Geschäftsführer, der sein Unternehmen zu vertreten habe und auch für Steuergelder verantwortlich sei, habe es dann in den Abendstunden ebenfalls versucht.

Der Verdacht lautet, dass die RMB von Insidern vom bevorstehenden Zusperren der Bank informiert worden sei und versucht haben könnte, Geld zu retten. Auch aus Bankkreisen war zuletzt zu vernehmen, dass es dort und da zu „Vorab-Informationen“ gekommen sein könnte. Die Frage ist aber auch, wo diese ihren Ursprung haben. „Ich bin am 14. Juli am Abend von der Finanzmarktaufsicht in Kenntnis gesetzt worden, dass in den nächsten Stunden der Bescheid zugestellt werde“, erklärte Doskozil am Montag. "Davor hat es von uns keiner gewusst“, er habe die RMB nicht informiert. Auch die Möglichkeit einer Abhebung habe dann nicht mehr bestanden.

Die Existenz zumindest von Hinweisen auf mögliche Transaktionen bestätigt die Finanzmarktaufsicht. Weitere Details unterliegen zwar der Amtsverschwiegenheit, doch habe man nicht zuletzt wegen der Gerüchte mit der Untersagung der Geschäftstätigkeit – am 14. Juli um 23.45 Uhr – alle Daten und Transaktionen der Bank von forensischen Teams der KPMG und Deloitte elektronisch sichern lassen. Im Klartext: Sollte es die inkriminierten Verschiebungen gegeben haben, sind sie auffindbar. Die Auswertung und rechtliche Beurteilung liegt jetzt bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Grundsätzlich, so berichten Branchenexperten aus der Finanzwirtschaft, sei es „überhaupt keine Hexerei, die Transaktionsdaten der letzten Stunden vor dem großen Knall rund um die Commerzialbank zu erheben, das ist eine Geschichte von ein paar Sekunden, das lässt sich mit einem Knopfdruck erledigen“, so ein Bankmanager.

Freilich heißt es nicht automatisch, dass sich eine solche Überweisung dann auf eine Insiderinformation zurückführen lasse, dafür brauche es Beweise, die Ermittlungen obliegen der Staatsanwaltschaft, der bestellte Regierungskommissär ist für derlei Erhebungen nicht zuständig.
Interessant ist das Thema auch für die Anwaltskanzlei Kosch und Partner. Denn als Insolvenzverwalter hat sie das Recht, Handlungen, die vor Eröffnung des Konkursverfahrens gesetzt wurden und die die Masse schädigten, anzufechten. Das Recht gilt grundsätzlich ein Jahr ab Beginn des Verfahrens. „Es gehört zum Standardprogramm eines jeden Masseverwalters, alles in diese Richtung zu prüfen“, erklärt Alexander Klikovits, Jurist des Kreditschutzverbandes (KSV 1870).

Gründe für Anfechtungen gibt es zwei: erstens, wenn ein Begünstigter Kenntnis von der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit hat; zweitens, wenn Gläubiger bewusst und vorsätzlich vor anderen Gläubigern begünstigt werden. Die konkrete Anfechtung könne aber schwierig sein, gibt Klikovits zu bedenken. „Ein Masseverwalter muss den Beweis antreten können und ein Gericht überzeugen.“

Bilanzschaden noch höher als bisher angenommen

Der Schaden durch den Bilanzskandal bei der Commerzialbank Mattersburg soll unterdessen noch größer sein als bisher angenommen. Wie die "Presse" berichtet, sollen rund 690 Millionen Euro fiktiven Krediten und erfundenen Guthaben zuzuordnen sein. Bisher war man von 300 bis 400 Millionen Schaden ausgegangen.

Bei einer Bilanzsumme von knapp 800 Millionen und tatsächlichen Einlagen von etwa 490 Millionen Euro, sei das eine gewaltige Größenordnung. Ein Großteil des Geldes sei in den nicht profitablen Betrieb der Bank geflossen sein.

Immer mehr fingierte Kredite tauchen auf

Laut "Wiener Zeitung" sollen zudem immer mehr fingierte Kredite auftauchen. Bei der Auszahlung durch die Einlagensicherung, die bisher 370 Millionen Euro an rund 9800 Kunden der Commerzialbank überwiesen hat, sollen Kunden erfahren haben, dass es bei ihnen neben Guthaben auch höhere fingierte Kredite gab. Man sei auf 30 bis 40 derartige Fälle gestoßen, sagte Stefan Tacke, Geschäftsführer der Einlagensicherung, zu der Zeitung.