Die Staatsanwaltschaft München hat den zurückgetretenen Chef des skandalgeschüttelten Finanzdienstleisters Wirecard festgenommen. Der Österreicher Markus Braun habe sich am Montagabend gestellt, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mit.

Braun will nach Angaben der Ermittler kooperieren. "Er hat im ersten Gespräch seine Mitarbeit zugesagt", sagte am Dienstag die Sprecherin der Ermittlungsbehörde, Anne Leiding. Der Manager habe sich am Vorabend selbst gestellt und sei aus Wien angereist, nachdem er wohl von dem Haftbefehl erfahren habe. Vorgeworfen werden Braun derzeit "unrichtige Angaben" in den Wirecard-Bilanzen und Marktmanipulation, doch kommen auch andere Straftaten in Betracht. "Wir führen unsere Ermittlungen ergebnisoffen", sagte Leiding dazu.

Aus der U-Haft wurde Braun nach einer Kautions-Zahlung von fünf Millionen Euro vorerst wieder entlassen. 

Druck vom Wirtschaftsminister

Im Zuge des riesigen Bilanzskandals hatte zuletzt der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier Druck gemacht und eine rasche Aufklärung gefordert.

"Wirecard ist verpflichtet aufzuklären und etwaige Missstände abzustellen", sagte Altmaier in einem Interview mit dem deutschen Nachrichtenportal T-Online. "Es muss ermittelt werden, wie es dazu kommen konnte, dass sich offenbar Milliardenbeträge in Luft aufgelöst haben, oder möglicherweise nie da waren."

Der in Deutschland unter dem Verdacht der Bilanzfälschung festgenommene frühere Wirecard-Chef war indes auch in Österreich gut vernetzt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte Braun in sein Strategiegremium "Think Austria" berufen. Den ÖVP-Wahlkampf 2017 hatte Braun mit Spenden großzügig unterstützt - ebenso in den Jahren davor die NEOS.

Den NEOS hat Braun in den Jahren 2014 bis 2016 gespendet - und zwar insgesamt 125.000 Euro, wie aus den Rechenschaftsberichten der Partei hervorgeht. Im Wahlkampf 2017 unterstützte er dann die ÖVP- und zwar mit in Summe 70.000 Euro in zwei Tranchen - und trat gemeinsam mit Kurz auf. Nach seinem Einzug ins Kanzleramt berief Kurz den Wirecard-Chef dann als Experten für Themen wie Innovationen, Finanzierungen und Start-ups in seine Strategieberater-Gruppe "Think Austria".

Kanzleramt will nichts mehr von Braun wissen

Diese Strategieabteilung - von Bundeskanzler Brigitte Bierlein zwischenzeitlich aufgelöst - hat Kurz nach seiner Rückkehr ins Kanzleramt wiederbelebt. Leiterin der Stabsstelle ist die Unternehmensberaterin Antonella Mei-Pochtler. Und sie nannte Braun noch im Jänner gegenüber Medien als einen der für "Think Austria" tätigen Experten - neben dem damaligen Erste-Group-Chef Andreas Treichl und Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner.

Im Kanzleramt will man davon allerdings nichts mehr wissen. "Seit es die neue Regierung gibt, ist Herr Braun nicht mehr im Thinktank eingebunden", sagte ein Sprecher auf APA-Anfrage. Unter der neuen Regierung habe es "keinen Kontakt" mehr mit Braun gegeben.

Die SPÖ kündigte am Dienstag eine parlamentarische Anfrage an, um das "Naheverhältnis" zwischen Kurz und Braun zu ergründen. "Was hat Braun qualifiziert in Kurz' Thinktank zu sitzen?", wollte Vizeklubchef Jörg Leichtfried wissen. Außerdem meint die SPÖ, dass Braun davon profitiert haben könnte, in deutschen Medien als Kanzlerberater geführt worden zu sein.