Für die ÖBB ist die AUA-Rettung ein Jackpot. Viel Geld für Nachtzüge, die damit zu einer echten Alternative zu Europaflügen werden sollen, dazu eine Finanzierungsgarantie über Jahre. Umweltministerin Eleonore Gewessler von den Grünen hatte die AUA-Rettung erst nicht geschmeckt, bevor sie viele Nägel mit Köpfen pro Bahn gemacht hat.

Nach französischem Muster hat sie dabei auch die Kurzstreckenflüge ins Visier genommen. Salzburg verliert die AUA-Flüge nach Wien, da die Bahn in weniger als drei Stunden am Flughafen Wien ist.

2027 kommt das Aus. Oder früher?

Was bedeutet das jetzt für Graz und Klagenfurt? Ein schnelles Salzburg-Schicksal ist für Graz derzeit nicht zu befürchten. Noch liegt die Zugverbindung nach Wien-Schwechat nicht deutlich unter drei Stunden. Doch wird das der Fall sein, wenn die Bahn durch den Semmering fährt – aus heutiger Sicht also 2027. Und das ruft freilich die höchsten Vertreter der Wirtschaft auf den Plan.

Unbestritten ist die Rettung der AUA für die Spitzen der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung in der Steiermark, Josef Herk und Georg Knill, der richtige Schritt gewesen. Kritisch sehen sie jedoch die mit ökologischen Aspekten begründete Einstellung der Flüge Graz–Wien mit der Fertigstellung des Semmering-Bahntunnels. Das Wegfallen der Verbindung würde Südösterreich schwächen, so die Warnung. Herk und Knill verweisen auf die vielen exportorientierten Leitbetriebe, die ihre Kunden in die Steiermark bringen und umgekehrt auch zu ihren Geschäftspartnern auf der ganzen Welt reisen müssten.

95 Prozent steigen in Wien um

„Ab 2027 wird dies wohl vermehrt über die Hubs in München und Frankfurt geschehen müssen“, sagt Knill. „Dies widerspricht der Strategie, Wien als Langstrecken-Drehscheibe zu sichern, und ist im Sinne der Ökologie bestenfalls unwirksam“, kritisiert der Industrie-Chef.

Die AUA indes betont, dass alle Bundesländerflughäfen an ein Lufthansa-Drehkreuz angebunden bleiben sollen. Der Verzicht auf Flüge mit rascher Bahnverbindung gilt nur für die AUA, nicht für den Mutterkonzern. Dass es für den Wirtschaftsstandort enorm wichtig ist, wenn Graz an die großen europäischen Flughäfen angebunden ist (und bleibt), unterstreicht auch Gerhard Widmann, Direktor des Grazer Airports. „Denn 90 bis 95 Prozent der Passagiere aus den Bundesländern steigen in Wien auf internationale Flüge um“, stärkt Widmann die Argumente von Herk und Knill.

Verhaltene Neustarts

In Graz geht es übrigens am 22. Juni mit dem ersten Wien-Flug wieder los. Vorerst wird es eine Verbindung pro Tag geben, vor Corona waren es vier tägliche Flüge. Dazu verband die AUA Graz mit Stuttgart und Düsseldorf, die Lufthansa mit Frankfurt und München. Das AUA-Rettungspaket sieht eine Abgabe von 30 Euro für Flüge bis 350 Kilometer vor, das wird die Tickets nach Wien also treffen.

In Klagenfurt steht der Flugbetrieb derzeit nahezu still. Die Situation am Flugsektor treffe den Airport Klagenfurt als Regionalflughafen wirtschaftlich stark, teilt der mehrheitlich privatisierte Airport mit. Derzeit ist er nur für Privatjets und Hobbypiloten von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Mit einer Aufnahme des Linienflugs Klagenfurt–Wien wird im September für zwei Rotationen am Tag gerechnet. Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl hält die Einbindung Klagenfurts in das AUA-Streckennetz für unverzichtbar.

Auch Klagenfurt würde die AUA-Flüge nach Wien mit der Fertigstellung der Koralmbahn samt Tunnel und der neuen Semmeringstrecke nach derzeitigem Stand 2027 verlieren. Kritisch sieht das AUA-Rettungspaket in Bezug auf Klagenfurt Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer: „Bereits bisher wurde Kärnten von der AUA höchst stiefmütterlich behandelt und der Flugplan konsequent ausgedünnt."

Klimaforscher Steininger für die Bahn

Der renommierte Klimaforscher Karl Steininger aus Graz lenkt den Blick dagegen in eine ganz andere Richtung. „Corona hat uns gezeigt, dass Fliegen weniger relevant wird. Wir haben gemerkt, wir müssen nicht mehr überall hin.“ Geld für bessere Bahnanbindungen komme zudem der breiten Bevölkerung mehr zugute als kurze Zubringerflüge.