Den Banken kommt bei der Abwicklung der Hilfsprogramme der Bundesregierung eine Schlüsselrolle zu – wie schnell und unbürokratisch kann dabei geholfen werden?
MARTIN SCHALLER: Bei Entscheidungen, die wir als Bank alleine treffen können, geht es sehr schnell. Raiffeisen Steiermark, aber auch die Hypo Steiermark als Tochter der RLB Steiermark bieten bereits seit zwei Wochen eine einfache Möglichkeit für Stundungen von Kreditraten. Sowohl Private als auch alle Unternehmen können auf unserer Website in fünf Minuten ein einfaches Formular ausfüllen und die Kunden haben in kürzester Zeit ihre Lösung auf dem Tisch. Die Programme der Bundesregierung hätten wir gerne ebenso schnell an die Kunden weitergegeben, aber hier sind wir auch auf die Vorgaben diverser Stellen angewiesen.

Wie viele Anträge auf Kreditstundungen sind bei Raiffeisen in der Steiermark seit Beginn der Krise eingegangen?
Mittlerweile sind es deutlich über 4000 Stundungen, die wir fertig bearbeitet und zugesagt haben, ein Großteil kommt dabei über das Online-Formular herein. Das liegt wahrscheinlich auch an der offensiven Kommunikation, denn die Berater haben telefonisch informiert und in Summe Tausende Kundenbriefe und Mails verschickt.

Die Kreditstundungen wurden auch gesetzlich geregelt und erfolgen automatisiert, wenn Schuldner Zahlungsverpflichtungen vorübergehend nicht nachkommen. Ein sinnvoller Schritt?
Diese Regelung ist zu begrüßen, denn sie schafft Klarheit und eine Atempause für alle Kreditnehmer, die durch die Coronakrise vorübergehend in finanzielle Probleme kommen. Gleichzeitig können aber alle anderen Kreditnehmer ihren Kredit ganz normal zurückzahlen. Diese gesetzliche Vorgehensweise entspricht dem Ablauf, wie wir ihn bereits umsetzen, für unsere Kunden bleibt es einfach wie bisher.

Die Hausbanken sind auch Erstansprechpartner für die staatlich garantierten Kreditlinien aus dem Corona-Hilfsfonds. Mit wie vielen Anträgen rechnen Sie bei Raiffeisen Steiermark?
Die genauen Regelungen werden in diesen Tagen feststehen, für exakte Schätzungen der Anzahl teilnehmender Unternehmen ist es noch zu früh. Wir registrieren aber bereits jetzt sehr hohes Interesse. Wir sind organisatorisch, fachlich sehr gut vorbereitet und auch mit Liquidität sehr gut ausgestattet.

Können die nunmehr beschlossenen Hilfen die akuten Sorgen der Betriebe und Konsumenten aus Ihrer Sicht entscheidend lindern?
Ja, zusätzlich zu den sofort wirkenden Stundungen geben die Programme Sicherheit und Zuversicht. Das ist wichtig, denn Stimmung ist immerhin die halbe Konjunktur. Wir warten täglich auf die fixen Regelungen und sind bereit für schnellste Abwicklungen. Meine dringende Empfehlung an alle Unternehmen ist aber auch, jetzt fundierte Planungen zu machen und professionelle Unterlagen abzugeben. Je besser die Anträge, umso schneller fließt Geld. Jetzt ist auch Beratung höchst wichtig, denn nicht jedes Programm passt zu jedem Unternehmen, und es gibt Auflagen, die zu erfüllen sind. Wir bemühen uns um Lösungen, die auch mittelfristig passen, denn niemand will finanzielle Rückfälle.

Die Arbeitslosigkeit erreicht nie gekannte Dimensionen, es macht sich Verzweiflung breit – gibt es dennoch Entwicklungen, die Sie zuversichtlich stimmen?
Jetzt unmittelbar geht es natürlich um das gemeinsame Absichern von wirtschaftlichen Existenzen. Etwas weiter nach vorne geblickt sehe ich ein gestärktes Bekenntnis der Konsumenten zu regionalen Unternehmen. Es zeigt, dass wir letztlich in einem Boot sitzen und dass wir gegenseitig auf uns schauen müssen. Wir sehen, wie wichtig Berufsgruppen sind, die bisher leicht übersehen wurden. Unser Land wird – wenn wir es weiterhin so gut machen – einen Riesensprung nach vorne machen, etwa im Bereich der Digitalisierung, des mobilen Arbeitens und Lernens, vor allem im Bewusstsein, dass wir in der Gemeinschaft enorm viel bewirken können. Ich bin überzeugt, wir können ein starkes wirtschaftliches Comeback schaffen.

Aus welchen Wirtschaftszweigen kommen derzeit die meisten Anfragen?
Die meisten Anfragen kommen aus den Bereichen Handel, Gastronomie, Tourismus und generell von kleineren Unternehmen. Es gibt daher Zuversicht, dass diese Bereiche in absehbarer Zeit wieder einen Schritt zur Normalisierung gehen können.

Viele Menschen fragen sich auch, was aus ihren Ersparnissen wird und was in diesen beispiellosen Zeiten bei der Veranlagung beachtet werden sollte – was empfehlen Sie?
Gerade jetzt sind Angst und Panik keine guten Begleiter. Aktuell gilt es umso mehr, was ich immer sage: Kühlen Kopf bewahren, die Veranlagungen über verschiedene Klassen und Laufzeiten streuen und Investments über einen längeren Zeithorizont betrachten. Die Mischung schafft Stabilität, vom Online-Sparen über den Bausparer und Versicherungen bis zu Wertpapieren. Wer dies tut und regelmäßig investiert, schläft auch in solchen Situationen viel ruhiger.

Was muss beim mittlerweile in Aussicht gestellten schrittweisen Wiederhochfahren der Wirtschaft beachtet werden?
Das Hochfahren sollte Schritt für Schritt erfolgen, damit Liefer- und Produktionsketten geplant ablaufen. Unternehmen müssen in Vorleistung treten, um eine positive Kettenreaktion auszulösen. Jedes Unternehmen sollte im Blick haben, wie der Betrieb ohne staatliche Programme läuft. Wer das im Blick hat, wird auch künftig die Nase vorne haben.