Die Silicon Austria Labs (SAL) wurden im Dezember 2018 gegründet – wie weit ist man 14 Monate später auf dem Weg, Spitzenforschung zu betreiben?
GERALD MURAUER: Die Zielsetzung ist es, ein Spitzenforschungsinstitut internationaler Dimension zu schaffen. Wir wollen in die Champions League der Forschung – das ist ein Marathon, kein Kurzstreckenlauf. Die Vorstellung, man gründet etwas und wäre dann in zwei, drei Jahren dort, ist falsch. Ich war ja beim Aufbau des IST (Institute of Science and Technology Austria, Anmerkung) in Klosterneuburg dabei, da konnte man nach zehn Jahren einen Haken drunter machen, das ist ein Top-Forschungsinstitut.

Und die SAL?
Die SAL ist auf einem guten Weg. Vor allem auf den Standort Villach gibt es viele Projekte. An den Standorten Graz und Linz ist man noch im Aufbau. Das Headquarter ist ja in Graz, dessen Aufbau ist einer der Schwerpunkte meiner Tätigkeit. Der Aufbau eines Spitzenforschungsinstituts ist ein langer, harter und steiniger Weg - der liegt vor uns. Man muss sich nur anschauen, wie lange Red Bull Salzburg brauchte, um in der Champions League spielen.

Welche Schritte wollen Sie an den Standorten setzen?
Wichtiger Meilenstein ist das Headquarter Graz und der Aufbau von Kompetenz am Standort Graz. Wir müssen Topleute in den Bereichen Leistungselektronik und Integrated Systems an Bord holen. Ein zweiter Schwerpunkt ist es, noch stärker und intensiver mit der Wirtschaft zu kooperieren.

Villach bekam zwei der vier SAL-Schwerpunkte – die Bereiche Smart Sensor Systems und die Power Electronics. Welche Ausbaupläne hegen Sie hier?
In der Rahmenvereinbarung ist das so festgelegt. Mir ist sehr wichtig, dass wir standortübergreifend denken. Die Leitung ist an einem Standort verortet, wir werden aber die Experten in ganz Österreich sitzen haben.

Zurück zur Frage: Welche Ausbauschritte sind in Villach geplant – hier sollte ja der Bau des High Tech Campus sowie des größten privaten Forschungsreinraums Österreichs noch heuer starten.
Wir werden auch in Villach deutliche Ressourcen aufbauen, der Schwerpunkt ist aber das Headquarter Graz. In einigen Jahren werden Villach und Graz gleich viele Ressourcen haben.

Was halten Sie vom Plan Kärntens, einen sehr kostenintensiven Forschungsreinraum für die SAL zu bauen?
Der Reinraum ist eine grundsätzliche Zielsetzung, aber die Gremienbeschlüsse dafür sind noch am Beginn, man braucht einen soliden Businessplan.

Hat Villach einen Startnachteil, bekommt man Personal leichter nach Linz oder Graz?
Nein, es ist ziemlich ausgewogen. Der Vorteil Villachs ist die Nähe zu Infineon und ein Standort, der seit über 20 Jahren existiert. Genauso ist es für manche spannend, dass in Graz ein Start-up mit einem jungen Team am Werk ist. Ich sehe die drei Standorte von den Möglichkeiten her gleichrangig.

Bis 2023 soll die SAL 400 Forscher beschäftigen, in weiterer Folge sind sogar 800 angestrebt. Ist das machbar?
Qualität geht vor Geschwindigkeit. Exzellente Forschung ist nur mit den richtigen Köpfen machbar. Das Ziel ist bis 2023 auf 400 Leute zu wachsen – aber ich werde nicht einfach Leute anstellen, um auf diese Zahl zu kommen. Wenn wir gut evaluiert werden, wollen wir natürlich weiterwachsen.

Ist man auf Plan?
Das Fundament ist solide, aber es gibt noch viel zu tun, um die Ziele zu erreichen.

Die SAL haben Kooperationen mit mehreren Hochschulen, der TU Graz, auch der FH Kärnten, geschlossen – welche Forschungs-Schwerpunkte wollen Sie setzen?
Wir wollen bei allem, was wir tun, die rot-weiß-rote Brille aufsetzen. Ich möchte aber nicht standortorientiert denken, es wird eventuell auch Kooperationen mit Universitäten, die nicht in einem der drei Bundesländer liegen, geben.

Warum haben Sie sich für diese Stelle interessiert?
Ich bin jemanden der gerne aufbaut. Da die Silicon Austria Labs eines der herausragendsten Projekte in Mitteleuropa sind und ich von einem Headhunter angesprochen wurde, war mir klar, ich lasse mir diese Chance nicht entgehen.

Wollen Sie europa- oder weltweit in die „Champions League“?
Die langfristige Vision ist es weltweit mitzuspielen, im ersten Schritt wollen wir in europaweit in der Spitze mitspielen.

Dafür sind Sie 400, aber auch 800 Mitarbeitern zu wenig.
Sie haben recht, die kritische Größe im internationalen Vergleich liegt doch darüber. Aber Sie können auch mit 400 Leuten eine tolle internationale Sichtbarkeit erreichen.

Worauf kommt es beim Aufbau von Forschungszentren an?
Der starke Fokus auf Spitzenpersönlichkeiten ist beim Aufbau eines Forschungszentrums ganz maßgeblich. Exzellente Leute ziehen exzellente Leute an. Dazu kommen die Infrastruktur und die Möglichkeiten, die Forscher vorfinden. Da muss man bei den Laboreinrichtungen international kompetitiv sein. Wichtig ist auch die internationale Vernetzung mit Institutionen wie dem Fraunhofer-Institut.