Die 125.000 Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich (Sozialwirtschaft Österreich) könnten bald in Streik treten. Zumindest hat der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) nach einer erneuten Unterbrechung der KV-Verhandlungen am Mittwochabend nun die Streikfreigabe erteilt.

Wird in der nächsten Verhandlungsrunde zum Kollektivvertrag wieder keine Einigung erzielt, soll es zu Streiks kommen, kündigte die Gewerkschaft an. Bis dahin finden in den Betrieben Vorbereitungen dafür statt. Die Forderung nach einer Einführung der 35-Stunden-Woche bekräftigten die Arbeitnehmer auch für die bevorstehende Runde am 10. Februar.

Absage der Arbeitgeber

Die Arbeitgeber der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) haben der Forderung der Arbeitnehmer nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich in der Verhandlungsrunde am Mittwoch nicht zugestimmt. Begründet wurde das vor allem mit der Situation in der stationären Langzeitpflege: Die Arbeitgeber sehen die Versorgung in den Pflegeheimen gefährdet, teilten sie am Donnerstag per Aussendung mit.

"Durch den Fachkräftemangel würde eine Arbeitszeitverkürzung die Versorgungslage in den Pflegeheimen akut zuspitzen", befürchtet SWÖ-Verhandlungsführer Walter Marschitz. "Aus Verantwortung gegenüber den uns anvertrauten Menschen und ihren Angehörigen, aber auch gegenüber den verantwortungsvollen Beschäftigten in diesem Bereich, können wir eine derartige Situation nicht zulassen", teilte er mit.

Personalmangel in Pflegeheimen

Bereits jetzt führe der Personalmangel in Pflegeheimen dazu, dass zahlreiche benötigte Plätze nicht angeboten werden könnten, hieß es in der Mitteilung der Sozialwirtschaft. Diese Situation würde durch eine Arbeitszeitreduktion verschärft werden. Deshalb sei eine Einigung am Mittwoch "nicht machbar" gewesen.

Als Alternative zu einer Arbeitszeitverkürzung bot die Arbeitgeberseite nun eine Entgelterhöhung in Höhe von 2,35 Prozent an. "Wir sind zuversichtlich, die Lohnverhandlungen auf dieser Basis konstruktiv fortsetzen zu können", sagte Marschitz. Die Verhandlungstür sehen die Arbeitgeber noch nicht endgültig zugeschlagen, auch bei Fragen der Arbeitszeit.

Für 10. Februar haben die Beteiligten einen weiteren Verhandlungstermin ins Auge gefasst. Sollte es auch dann zu keiner Einigung kommen, haben die Gewerkschaften bereits mit Streiks gedroht. Bis dahin sollen Kundgebungen und Demos stattfinden, hieß es nach dem Abbruch der Verhandlungen am Mittwochabend.

Attraktivierung des Pflegeberufs

Bei einem anderen Anliegen, nämlich der Reduktion des Fachkräftemangels und der Attraktivierung des Pflegeberufs, sehen sich die Arbeitgeber jedoch "Seite an Seite mit der Gewerkschaft" kämpfen. Um diese Ziele zu erreichen, soll auch der Dialog mit der neuen Regierung gesucht werden, so die Sozialwirtschaft.