Rund 259 Euro legen die Österreicher im Durchschnitt monatlich zur Seite. Damit sind sie in Zentral- und Osteuropa die Sparmeister. Doch dieser Titel hat einen bitteren Beigeschmack. Denn allein im vergangenen Jahr haben die Österreicher nach Berechnungen der Erste Bank mit ihren Sparbüchern rund fünf Milliarden Euro verloren. Der Grund: Die Zinsen liegen klar unter der an sich niedrigen Inflation. Die Teuerung übersteigt die Rendite und führt so zum realen Verlust.

Diese Entwicklung ist freilich nicht neu. Seit 2011 sind negative Realzinsen in Österreich Realität. Über die Jahre summiert sich das Minus auf rund 27 Milliarden Euro (siehe Grafik), wie die Plattform Tagesgeldvergleich.net auf Basis von EZB-Daten errechnet hat.

An dieser Situation wird sich vorerst nichts ändern, machte die neue EZB-Chefin Christine Lagarde nach ihrer ersten Zinssitzung klar. Die Leitzinsen bleiben bei 0,0 Prozent, Banken zahlen für Einlagen weiterhin Strafzinsen von 0,5 Prozent. Außerdem kauft die Notenbank weiterhin Anleihen im Wert vom 20 Milliarden Euro im Monat und reinvestiert die Einnahmen aus den Anleihen. Erst wenn die Zinsen wieder steigen, wird die EZB das umstrittene Anleihenkaufprogramm schrittweise beenden. Damit darf man nicht so bald rechnen. Denn die EZB hält am Inflationsziel von knapp unter 2,0 Prozent fest und Prognosen zur Teuerung sehen selbst 2022 eine Rate von 1,6 Prozent – zu wenig für Lagarde.

Neuer Stil

Dennoch: Mit dem Wechsel an der Spitze der EZB weht ein neuer Wind. „Ich habe meinen eigenen Stil, zu kommunizieren“, macht Lagarde klar und bittet darum, nicht mit ihrem Vorgänger Mario Draghi verglichen zu werden, der für seine verklausulierten Botschaften bekannt war.
Und auch wenn sie dessen lockere Geldpolitik fortsetzt, so hat sie sich doch zum Ziel gesetzt, die Strategie der EZB zu hinterfragen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Notenbanken hat die EZB nur ein einziges Mandat: Sie muss für „stabile Preise“ sorgen. 2003 wurde in der geldpolitischen Strategie festgelegt, dass diese „stabilen Preise“ bei einer Inflation von knapp unter 2,0 Prozent erreicht werden. Doch seit Jahren wird der Wert verfehlt. Selbst die Anleihe-Käufe haben daran nichts geändert, viele bezeichnen diese ja als Geld-Drucken. Ab Jänner soll daher mit der Überarbeitung der Strategie begonnen werden. „Nach 16 Jahren ist das überfällig“, sagt Lagarde.

Bis Ende 2020 soll der Prozess abgeschlossen sein, bei dem auch externe Wissenschaftler und das EU-Parlament eingebunden werden. „Wir werden jeden Stein umdrehen“, verspricht die neue EZB-Chefin. Vorerst ist das nur ein schwacher Trost für geprellte Sparer.