Die Wirtschaftskammer will Verschärfungen bei Krankenständender Arbeitnehmer. Beschlossen könnten diese am nächsten Dienstag im Überleitungsausschuss für die mit 1. Jänner aus den neun Gebietskrankenkassen entstehende Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) werden. Die Gewerkschaft zeigte sich alarmiert.

In einem der APA vorliegenden Forderungspapier der Wirtschaft für eine neue "Krankenordnung" ist enthalten, dass es bei Missbrauchsverdacht künftig "einen Anspruch des Dienstgebers auf eine Prüfung des Gesundheitszustandes" geben soll. Derzeit hat der Dienstgeber nur die Möglichkeit, die Durchführung einer Kontrolle des Dienstnehmers durch die Kasse anzuregen.

"Heftige Geschichte"

Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Barbara Teiber, bezeichnete diese Forderung im Gespräch mit der APA als "heftige Geschichte". Es gebe jetzt schon zahlreiche Überprüfungen und es mache einen großen Unterschied, ob der Dienstgeber eine Überprüfung anregen oder anordnen kann.

"Noch heftiger" findet die GPA-djp-Vorsitzende, dass die Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit nach den Vorstellungen der Wirtschaft nicht nur den Beginn, sondern auch die voraussichtliche Dauer und die Ursache des Krankenstandes sowie die ärztlich angeordneten Ausgehzeiten bzw. Bettruhe beinhalten soll. Im Entgeltfortzahlungsgesetz ist zwar schon jetzt vorgesehen, dass der Dienstnehmer dem Dienstgeber eine Bestätigung über Beginn, voraussichtliche Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen hat.

Die Wirtschaftskammer verweist in ihrem Forderungspapier allerdings darauf, dass Bestätigungen oftmals keine voraussichtliche Dauer vorsehen und "den Dienstgeber mangels Planbarkeit unnötig belasten". Teiber erklärte dazu, dass es im Entgeltfortzahlungsgesetz nur um die Dauer der Entgeltfortzahlung gehe, die im Falle eines Arbeitsunfalles länger gehe als bei anderen Gründen.

Kommender Dienstag als wichtiger Tag

Beschlossen soll die neue Krankenordnung für die ÖGK am kommenden Dienstag im sogenannten Überleitungsausschuss werden. Für Teiber ist "zu befürchten", dass die Wirtschaftskammer für ihre Vorstellungen auch eine Mehrheit bekommt. Zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern herrscht zwar Parität, allerdings sei derzeit nicht absehbar wie der ÖAAB-Vertreter auf Arbeitnehmerseite abstimmen werde.

Die GPA-Vorsitzende sieht in den von der Wirtschaft geforderten Verschärfungen jedenfalls einen "Generalverdacht" gegenüber den Arbeitnehmern. Darin komme "eine Haltung des Misstrauens gegenüber den Beschäftigten" zum Ausdruck. Die ÖGK solle damit im Sinne der Dienstgeber instrumentalisiert werden, man könne nun erkennen, warum die Arbeitgeber die Änderung der Mehrheitsverhältnisse wollten. Teiber glaubt, dass die Wirtschaft die von der türkis-blauen Regierung angekündigte Leistungsharmonisierung auf hohem Niveau nun gegen die Verschärfungen beim Krankenstand eintauschen will.

Wirtschaft weist Kritik zurück

Die Wirtschaft wies diese Darstellungen umgehend zurück. Der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Kurt Egger, sprach per Aussendung von "ständiger Panikmache" der Gewerkschaft. Der Vorwurf des ÖGB, dass nur Arbeitgeber entschieden, "entbehrt jeder Grundlage. Hier spielt wohl die Angst des Machtverlustes einiger Funktionäre eine größere Rolle."

Der Leiter der Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer, Rolf Gleißner, sagte, dass die Reform Vorteile für alle Beteiligten bringen werde. "Es drohen weder Selbstbehalte noch längere Wartezeiten. Es werden im Gegenteil die Verbesserungen im System bei den Kunden ankommen", sagt Gleißner.

Ärztekammer warnt vor Schlechterstellung

Die Ärztekammer warnt ebenfalls vor Verschärfungen bei Krankenständen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient werde dadurch "nachhaltig unterminiert", befand Präsident Thomas Szekeres am Mittwoch in einer Aussendung. Die Beibehaltung des Arztgeheimnisses sei Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche ärztliche Behandlung.

Insbesondere die Bekanntgabe der Ursache des Krankenstands stößt auf heftige Kritik seitens der Ärztekammer. Szekeres führte vor allem psychische Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen oder auch Burn-out an, deren Bekanntwerden beim Dienstgeber negative Folgen für den Dienstnehmer haben könnte. Es sei zu befürchten, dass Patienten ihre Beschwerden zukünftig verheimlichten und damit wertvolle Behandlungszeit verlieren könnten.

Druck wird erhöht

Der Ärztekammer-Präsident räumte zwar ein, dass nach derzeit vorliegenden Entwürfen unter "Krankheitsursache" vorerst nur die Unterscheidung zwischen "Arbeitsunfall", "Berufskrankheit" oder einer "sonstigen Arbeitsunfähigkeit" vorgesehen ist. "Von einer ersten Lockerung des Arztgeheimnisses bis hin zu einer exakten Diagnosestellung ist der Weg dann aber nicht mehr weit", so Szekeres.

Ebenso wenig nachvollziehbar ist für Szekeres, warum der Dienstgeber zukünftig eine Überprüfung des Krankenstands anordnen können soll. Schon derzeit gebe es seitens der Krankenkassen genügend Möglichkeiten der Kontrolle im Verdachtsfall. Eine zusätzliche Überprüfungsbefugnis seitens des Dienstgebers würde nur den Druck auf die Arbeitnehmer erhöhen. Die Vertraulichkeit des Arzt-Patienten-Gesprächs sei ein hohes Gut und müsse unter allen Umständen gewahrt bleiben, meint Szekeres.