Die Führung des deutschen Lichttechnikkonzerns Osram stemmt sich seit kurzem nicht mehr gegen eine Übernahme durch den steirischen Chip- und Sensorhersteller ams. Die Vorstandschefs der beiden Unternehmen, Olaf Berlien und Alexander Everke, wenden sich nun in einem gemeinsamen Brief und via Zeitungsinserate an die Osram-Aktionäre. In dem Schreiben werben sie für die Fusion.

Konkret empfehlen Vorstand und Aufsichtsrat darin die Annahme des nunmehr zweiten ams-Übernahmeangebots von 41 Euro je Aktie bis zum 5. Dezember 2019. Im ersten Anlauf war die ams gescheitert. Die Annahme des seit 7. November auf dem Tisch liegenden aktuellen Offerts ist - wie auch schon das erste - schleppend angelaufen.

Bis Mittwochabend wurden der ams erst 1,94 Prozent der Osram-Aktien angedient. Das Unternehmen mit Sitz in Unterpremstätten bei Graz selbst hält bereits weitere 19,99 Prozent der Anteile. Allerdings geht bei Übernahmeangeboten häufig der Großteil der Aktien erst kurz vor Fristende ein. Das war auch beim ersten Versuch der ams so. Die Mindestannahmeschwelle wurde im aktuellen Angebot von 62,5 auf 55 Prozent gesenkt. Die höhere Hürde war im ersten Übernahmeversuch mit einer erreichten Annahmequote von nur 51,6 Prozent verfehlt worden.

In den Briefen, die heute von der Münchner Osram Licht AG an die Aktionäre verschickt werden, wird das aktuelle Offert als "finanziell attraktiv" gepriesen, da dieses einer Prämie von 41,8 Prozent auf den Schlusskurs der Osram-Aktie vom 2. Juli 2019 entspreche. Das war der letzte Handelstag vor dem Aufkommen konkreter Übernahmegerüchte. Die 41 Euro pro Aktie in bar erhielten die Aktionäre allerdings nur, wenn eine Mindestannahmeschwelle von 55 Prozent erreicht werde, wird nochmals hervorgestrichen. "Andernfalls erlischt das Übernahmeangebot."

In dem Schreiben betonen die beiden Konzerne ferner, dass der Zusammenschluss "die nachhaltige Zukunftsfähigkeit von Osram sicherstellt und damit im Interesse seiner Belegschaft ist". Ein Zusammengehen mit der ams AG biete "die große Chance, die Neuausrichtung von Osram noch schneller voranzutreiben". Ein europäischer Weltmarktführer für Sensorlösungen und Photonik könne geschaffen werden - "eine Wachstumsperspektive für beide Unternehmen", wie es heißt. Ein Zusammenschluss könne "nur gemeinsam gelingen".

Die deutsche Gewerkschaft IG Metall und der Osram-Betriebsrat sträuben sich allerdings nach wie vor heftig gegen die Übernahme durch die Österreicher. Für das Gelingen des Mergers ist die Zustimmung der Kleinaktionäre wichtig - sie halten rund ein Viertel der Osram-Aktien.

In "sehr konstruktiven und vertrauensvollen Gesprächen auf Augenhöhe", hätten sich die beiden Unternehmen in den vergangenen Wochen in einer Zusammenschlussvereinbarung auf einen rechtlich bindenden Rahmen geeinigt, dessen Eckpunkte in dem Schreiben an die Aktionäre aufgelistet werden. Im Wesentlichen wurden diese bereits bei der Vorlage der Jahreszahlen veröffentlicht.

Aus dem traditionellen Lichthersteller Osram soll demnach ein Hightech-Photonik-Unternehmen werden. Die Jobs an den deutschen Standorten seien bis Ende 2021 gesichert - bis dahin werde es keine fusionsbedingten Kündigungen geben. München werde zur "Co-Konzernzentrale". Die strategische Ausrichtung und der Integrationsplan würden "gemeinsam erarbeitet". Ziel sei es, eine Aktiengesellschaft europäischen Rechts (Societas Europaea, SE) zu schaffen, in deren Namen "Osram" enthalten sei und deren Aufsichtsrat von neun auf zwölf Personen vergrößert werde. Die Österreicherin Brigitte Ederer, Ex-Vorstand der Siemens AG und frühere ÖBB-Aufsichtsratschefin, werde die Umsetzung der Vereinbarung "als unabhängige 'Monitorin' sicherstellen".