Der Elektroauto-Hersteller Tesla wird seine europäische Fabrik im Umland von Berlin bauen. Tesla-Chef Elon Musk verkündete das überraschend am Dienstagabend bei der Verleihung des "Goldenen Lenkrads" von "Auto Bild" und "Bild am Sonntag" in Berlin. Das Werk solle in der Nähe des geplanten Hauptstadtflughafens BER entstehen.

Die "Gigafactory" soll zunächst den künftigen Kompakt-SUV Model Y sowie auch Batterien und Antriebe bauen. Tesla werde zudem ein Ingenieurs- und Designzentrum in Berlin ansiedeln, sagte Musk. "Deutschland baut großartige Autos." Das sein einer der Gründe für die Standort-Entscheidung gewesen.

7000 Jobs

Die geplante Fabrik soll allein in Brandenburg nach Angaben der Berliner Wirtschaftsverwaltung 6.000 bis 7.000 neue Stellen schaffen. "Wichtig war für Tesla deshalb die Nähe zu Berlin sowie zum neuen Flughafen BER", sagte eine Sprecherin am Mittwoch mit Blick auf die Fachkräfte in der Hauptstadt.

Tesla plant demnach auch ein Entwicklungs- und Designzentrum in Berlin. Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze dort entstehen sollen und welche Standorte dafür diskutiert werden, wurde zunächst nicht bekannt. In den vergangenen Monaten habe es intensive Gespräche zwischen Berlin, Brandenburg und Tesla gegeben, sagte die Sprecherin.

Tesla hatte schon seit längerem nach einem Standort für eine "Gigafactory" für die Herstellung von Batterien und Fahrzeugen in Europa gesucht. Obwohl auch andere Länder Interesse zeigten, hatte Musk zuvor bereits gesagt, dass Deutschland gute Chancen habe.

Bis Ende 2021

Im Gespräch waren aber eher andere deutsche Bundesländer - unter anderem das Saarland und Niedersachsen. Berlin und Brandenburg waren nicht auf dem Radar. Nach "Tagesspiegel"-Recherchen handelt es sich bei dem Standort um eine potenzielle Industriefläche im brandenburgischen Grünheide im Landkreis Oder-Spree südöstlich von Berlin, die bereits einmal im Rennen für die Ansiedlung eines BMW-Werkes war. Brandenburgs Regierungssprecher bestätigte dies nicht. Details zum konkreten Standort wolle Tesla bekanntgeben, sagte er.

Die Fabrik in Deutschland soll nach bisherigen Angaben voraussichtlich Ende 2021 in Betrieb gehen. Musk twitterte in der Nacht zum Mittwoch, das Model Y solle das erste Fahrzeug aus dem Werk sein. Der Kompakt-SUV auf Basis des jetzigen Tesla-Hoffnungsträgers Model 3 könne nach Einschätzung von Experten zum meistverkauften Fahrzeug der Firma werden. Mit dem Model 3, das in Deutschland aktuell ab einem Preis von gut 44.000 Euro zu haben ist, will Tesla sich einen breiteren Markt erschließen.

Die erste Gigafactory, die bisher nur Batterien produziert, baute Tesla in der Wüste im US-Bundesstaat Nevada. Erst vor kurzem wurde in weniger als sechs Monaten eine Fabrik in China fertiggebaut. Dort sollen bis zu 150.000 Fahrzeuge pro Jahr gebaut werden, zunächst das Model 3, dann auch das Model Y.

Stammwerk überlastet

Das Model 3 wird bisher im Tesla-Stammwerk in Fremont im Silicon Valley gebaut. Die Fabrik ist so überlastet, dass Musk eine Fertigungslinie in einem Zelt neben den Werkshallen aufbauen ließ.

In Europa montierte Tesla bisher in den Niederlanden einige Fahrzeuge der teureren Modellreihen S und X. Musk stellte aber wiederholt klar, er sehe die Zukunft der Firma vor allem im Model 3 und im Model Y.

Tesla ist ein Vorreiter bei der Elektromobilität, kämpfte aber angesichts teurer und verzögerter Produktions-Anläufe bei neuen Modellen immer wieder mit hohen Verlusten. Zugleich wird praktisch nach jeden Quartalszahlen der Firma diskutiert, ob die Nachfrage nach Elektroautos generell stark genug ist, um Musks ambitionierte Wachstumspläne zu tragen. Auch zeichnet sich wachsende Konkurrenz aus China ab, wo Elektrofahrzeuge massiv vom Staat gefördert werden.

Symbolkraft

Die Ansiedlung der Fabrik in Deutschland hat auch symbolische Kraft. Tesla wagt sich ins Heimatland der deutschen Premium-Autobauer, die oft um die selben Käufer-Schichten kämpfen - so kommt das Model 3 als direkter Gegenspieler von BMWs 3er-Reihe daher. Die Deutschen sind gerade auch dabei, ein breiteres Angebot an Elektro-Fahrzeugen auf die Beine zu stellen. Tesla kaufte vor drei Jahren den deutschen Maschinenbauer Grohmann, der auf Fertigungslinien spezialisiert ist.

"Für den Autostandort Deutschland ist Musk Ankündigung eine gute Nachricht", kommentierte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. "Mit der Entscheidung von Elon Musk für Deutschland werden wir gestärkt und die Elektromobilität nimmt mehr Fahrt auf als bei 100 Kanzlergipfeln in Berlin." Zugleich zweifelte Dudenhöffer an, ob die Produktion schon 2021 beginnt - Musk müsse mit den Finanzen haushalten und China habe für ihn Vorrang.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte der Deutschen Presse-Agentur nach der Ankündigung: "Das ist eine hervorragende Nachricht für unser Land. Wir haben uns dafür seit längerem in intensiven Gesprächen und mit guten Argumenten eingesetzt. Ich bin glücklich, dass sich Elon Musk für unseren Standort Brandenburg entschieden hat."

Wie die "Welt" berichtete, war Musk überraschend zur Verleihung des "Goldenen Lenkrads" nach Berlin gekommen. Bei einem gemeinsamen Auftritt mit VW-Chef Herbert Diess auf der Preisverleihung zeigte er Verständnis für das ursprüngliche Zögern der deutschen Autobauer bei Elektroantrieben. Es sei schwierig, sich auf eine neue Technologie einzulassen, die sich erst noch bewähren müsse, wenn beträchtliche Ressourcen und Arbeitskraft in traditioneller Technik gebunden seien.