Nullzinsen für Sparer und Negativzinsen für Banken – „in 5000 Jahren hat es so etwas noch nie gegeben“. Diesen Befund hat Andy Haldane, Chefökonom der Bank of England, 2015 ans Tageslicht befördert – und Lukas Sustala, Ökonom der Agenda Austria, hat es für den heutigen Weltspartag und Mario Draghis Abschied von der Spitze der Europäischen Zentralbank wieder hervorgeholt. In 5000 Jahren war die Situation für einfache Sparer also nie so bescheiden wie derzeit. Spoiler: Zinsen auf täglich fällige Einlagen kehren auf absehbare Zeit nicht zurück.

290 Milliarden Euro ohne Zinsen

Diese Tristesse trifft österreichische Haushalte im Vergleich härter als andere, da in kaum einem anderen Land Private so viel Geld liegen lassen, erklärt Sustala in seinem Policy Brief „Armsparen mit der EZB“. Das liege unter anderem an der fehlenden Kapitalmarktkultur, wie auch eine Zahl der Oesterreichischen Nationalbank verdeutlicht: 40 Prozent oder 290 Milliarden Euro des österreichischen Privatvermögens sind als Bankeinlage oder Bargeld zinslos veranlagt.

Umfrage zum Weltspartag: Lohnt sich das Sparen überhaupt noch?

Laut Agenda Austria erzielen österreichische Haushalte aus Vermögen einen der niedrigsten realen Erträge in der Eurozone. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise seien es nur 0,5 Prozent gewesen. Sustala zeigt im Vergleich, wie es laufen könnte: „Hätten österreichische Sparer so renditeorientiert wie die niederländischen Sparer angelegt, hätten sie im Zeitraum von 2009 bis 2017 rund 110 Milliarden Euro mehr an Kaufkraft ihrer Vermögen gesichert.“

Lukas Sustala, Agenda Austria
Lukas Sustala, Agenda Austria © Agenda Austria

In den Niederlanden oder auch in Dänemark kämen die hohen Renditen auch von einer starken zweiten und dritten Säule in der Altersvorsorge mit „kapitalmarktnahen Veranlagungen“. So empfiehlt Sustala auch für Österreich „günstige und steuerlich attraktive Vehikel für die private Vorsorge“. Etwa durch endbesteuerte Depots, die den Vorteil haben, dass Zinseszins-Effekte wirken können.

Aufholbedarf

Eine weitere Forderung Sustalas ist die Senkung der Kapitalertragssteuer auf 25 Prozent für alle Anlageformen und schließlich mehr Wissensvermittlung an Schulen über das Sparen, Investieren und Vorsorgen.

„Österreich hat hier viel Aufholbedarf. Bei den Sparern ist bereits eine gewisse Frustration spürbar. Bei der jungen Generation ist das zinslose Sparbuch ohnehin nicht mehr positiv besetzt“, sagt Sustala.

Investieren an der Börse

Die Wiener Börse verweist deshalb auf ihren Leitindex ATX, der seit Bestehen jährlich knapp 6,4 Prozent abwerfe. Börsen-Chef Christoph Boschan sagt: „Es ist an der Zeit, den Weltspartag durch einen Weltinvestitionstag abzulösen.“ Auf der Reise vom Sparer zum Investor müsse man langfristig denken, so Boschan, das Risiko streuen und „nur kaufen, was man versteht oder sich erklären lassen kann. Nicht warten auf den heißen Tipp.“

Die Zurückhaltung auf dem Kapitalmarkt hat nicht nur mit Wissenslücken zu tun, sondern auch mit relativ hohen Gebühren und Spesen, wie die Arbeiterkammer an Hand des Fondssparens (Wertpapiere) aufzeigt. Für Banken bestehen auch dahingehend umfangreiche Informationspflichten bei der Wertpapierveranlagung.