Die wenigsten verbinden Roboter mit deren häufigster Anwendung in der Industrie, sondern denken oft an vermenschlichte Hightech-Wesen. Diese Vorstellung bereitet vielen Sorgen. Für Sie nachvollziehbar?
BERNHARD DIEBER: Auf jeden Fall. Wir gehen davon aus, dass Roboter einen sehr großen Teil unseres Alltags mitbestimmen und uns mitverändern werden. Es liegt in unserer Hand, das positiv gestalten zu wollen.

Welche lästigen Aufgaben werden uns die Roboter abnehmen?
Die meisten wünschen sich einen Roboter, der das Geschirr spült. Was man unterschätzt: Das ist eine unglaublich komplexe Aufgabe. Im Privathaushalt werden die Roboter aber mit der Zeit immer mehr Aufgaben übernehmen, die mehr Intelligenz verlangen.

Welche werden das sein?
Roboter, die Zimmer zusammenräumen, sind realistisch. Auch alles, was in Richtung autonomes Fahren geht. Auf Roboter, die über eine ähnlich hohe Flexibilität wie Menschen verfügen, werden wir jedoch noch mindestens Jahrzehnte warten.

Werden uns Roboter pflegen?
Roboter werden verstärkt eingesetzt, allerdings nicht im direkten Pflegekontakt. Für Reinigung und Transport im Krankenhausumfeld Roboter einzusetzen, kommt. Überall dort, wo die Arbeitskraft knapp ist, müssen wir das kompensieren.

Nehmen uns Roboter also die Arbeitsplätze nicht weg?
Solche Sorgen bestehen nicht zu Unrecht. Netto fallen keine Arbeitsplätze weg, aber es gibt Umschichtungen. Diese Umwälzung kommt – zu versuchen, sie aufzuhalten, wäre so, als hätte man früher versucht, die Dampfmaschine aufzuhalten.

Was muss die Politik tun?
Der Bildungsbereich ist sehr schlecht auf diesen Wandel vorbereitet. Wir müssen uns lebenslang mit dem technologischen Wandel mitentwickeln.

Roboter verändern unsere Mobilität massiv. Und damit stellen sich zunehmend ethische Fragen.
Die entscheidende Frage: Wie reagieren Roboter in einer Ausnahmesituation? Mit welcher Entscheidung richtet ein autonom fahrendes Auto weniger Schaden an – wenn es eine alte Frau oder eine Gruppe von Kindern zusammenführt? Das ist völlig unentscheidbar.

Wie löst man das Dilemma?
So wie wir jeden Menschen zur Rechenschaft ziehen, müssen wir uns überlegen, wen wir zur Rechenschaft ziehen, wenn mit einem autonomen Auto etwas passiert. Ist der Fahrer, der Entwickler, die Herstellerfirma verantwortlich? Es gibt auch den Ansatz, dass der Eigentümer des autonomen Fahrzeugs diesem seine Werte vermittelt und das Auto auf der Basis entscheidet.

Wie soll das in der Realität funktionieren?
Indem ich mir die Zeit nehme, stundenlang das Auto darauf zu trainieren, was ich richtig und was falsch finde. Ich könnte diese Optimierungsfunktion auch kulturell hinterlegen. Das alles ist aber extrem unbefriedigend.

Was könnte noch Hilfe leisten?
Wir haben eine Blackbox für Roboter entwickelt, um nachzuvollziehen, warum es einen Zwischenfall gegeben hat. Ein Kasterl, das Sie in einen Roboter oder ein autonomes Auto einbauen können und das dort die Daten aufzeichnet.

Die Grundlage für Roboter und autonomes Fahren sind Unmengen an Daten. Eine weitere Gefahrenquelle für die Sicherheit.
Die Hackbarkeit von Robotern ist ein Problem – Angreifer können die hohe Vernetzung der Systeme ausnützen. Ich möchte keinen Roboter mit Kameras und 3D-Sensoren im Haus haben, wenn ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, dass der nicht manipuliert werden kann. Wer garantiert mir, dass nicht jemand den Roboter übernimmt und der mir in der Nacht den Gasherd einschaltet? Gerade im Konsumentenbereich sind solche Dinge oft sehr ungenügend gesichert.

Auf fahrlässige Weise?
Ja. Ich hoffe doch, dass die Inverkehrbringung solcher Geräte unterbunden wird. Es gibt Babyfone, die einfach abgehört werden können. Ungesichertes Kinderspielzeug, das mit der Cloud verbunden ist. Wozu brauche ich eine Barbiepuppe, die selbstständig ihr Outfit bestellt? Ich würde meinen Staubsaugerroboter nie ins WLAN stellen, weil ich mir nicht sicher sein kann. Ich könnte ihn auch gar nicht über die App steuern, weil ich kein Smartphone habe.

Warum nicht?
So viele Vorteile das Smartphone bringt, so hat es Effekte, die für mich nicht gut sind. Es erzeugt einen Basisstress. Ich kann mich jetzt deutlich besser auf meine Aufgaben konzentrieren. Mir geht es um Technologie mit Balance: weder darauf völlig verzichten noch mich ihr vollständig ergeben.

Konsumentenschützer warnen vor Alexa, Siri und Co. – zu Recht?
Sollten sie Mehrwert bieten, dann ist der sehr klein. So etwas würde ich allein aus Datenschutzgründen nie verwenden.

Viele schätzen all diese technologischen Möglichkeiten. Sind wir für deren Gefahren blind?
Wir sind uns nicht bewusst, welchen Preis wir dafür zahlen. Problematisch wird es, sobald wir manipulierbar werden, weil jemand zu viel über uns weiß.

Roboter zeigen auch Emotionen, eine positive Entwicklung?
Echte Emotionen wird ein Roboter nie haben. Er kann sie nur vorspielen. Wenn ein Roboter behauptet, er freue sich, dich zu sehen, ist das immer gelogen.

Warum schauen Roboter den Menschen immer ähnlicher?
Ein Argument ist, dass die Kommunikation einfacher wird. Vielleicht schaut er menschengleich aus, aber er ist viel eingeschränkter und uns unterlegen. Das schürt Misstrauen, weil er dadurch nicht glaub- und vertrauenswürdig ist. Wenn ich ihn als Maschine erkenntlich mache, erwarte ich mir auch die Funktionalität einer Maschine.

Wie kamen Sie als Informatiker darauf, sich mit Roboterethik zu beschäftigen?
Es gibt Teile der Technologie, die in eine verfehlte Richtung gehen. Ich möchte kein blinder Techniktreibender sein, der nicht links oder rechts schaut.

Gibt es übertriebene Ängste?
Das Warten auf die Singularität, wenn die künstliche Intelligenz intelligenter wird, als wir es sind, ist nur ein Schreckensszenario. Ich bezweifle stark, dass wir etwas bauen können, das ein eigenes Bewusstsein hat. Viele der apokalyptischen Szenarien sind völlig übertrieben.

Was können Konsumenten tun?
Als Konsument kann ich mitsteuern, wohin sich die Technologie entwickelt – indem ich Dinge nicht kaufe, von denen ich nicht überzeugt bin. Robotertechnologie wird die heute Jungen noch sehr massiv betreffen. Sie sollten jetzt Feedback geben können, wo es hingeht.