Das größte Shopping-Event aller Zeiten“ feierte der Online-Riese Amazon dieser Tage nach eigenen Angaben mit dem sogenannten „Prime-Day“. Mehr als 175 Millionen Produkte seien von Prime-Mitglieder weltweit erstanden worden. Eine beeindruckende Zahl. Zweifellos. Eine Zahl, die wie viele andere im Amazon-Universum den globalen Giganten-Status eines Konzerns verdeutlicht, dessen Grundstein vor gerade einmal 25 Jahren gelegt wurde. Am 5. Juli 1994. In einer Garage in Seattle. Heute kann man im größten digitalen Warenhaus der Welt sogar Garagen kaufen.

So beeindruckend die Firmengeschichte von Amazon auch sein mag, die Marktmacht, die daraus entwachsen ist, sie ist auch furchteinflößend. Der bisweilen grenzwertige, mitunter beliebige Umgang mit kleineren Händlern, die ihre Waren auf dem „Marktplatz“ von Amazon anbieten, blieb zuletzt aber nicht folgenlos. Nach einer Beschwerde des Handelsverbandes, Ermittlungen der Bundeswettbewerbsbehördeändert Amazon nun - in einigen sehr zentralen Punkten – die Geschäftsbedingungen. Händler bekommen mehr Rechte. Das ist gut so. Ausgestanden ist das Thema aber noch nicht, denn auch die Wettbewerbshüter der EU-Kommission, bekannt für durchaus deftige Strafen gegen allzu dominante Konzerngiganten, hat eine offizielle Untersuchung eingeleitet.

Aufmerksamkeit und Aufgeregtheit wachsen . . .

Nur nebenbei erwähnt: Amazon sorgte dieser Tage auch durch abermalige Streikaufrufe an deutschen Logistikstandorten für Aufsehen. Hinzu kamen (wieder einmal) Warnungen vor den Lauschangriffen durch Amazons charmant-neugierige digitale Sprachassistentin Alexa sowie Greenpeace-Proteste gegen die tatsächlich abstoßende Praxis, Retourwaren vielfach einfach zu vernichten, weil das insgesamt günstiger kommt, als eine Wiederaufbereitung.

Wie auch immer – mit dem Konzern wuchs über die Jahre auch die Aufmerksamkeit. Und mit ihr die Aufgeregtheit. Es bleibt spannend. Das gilt freilich nicht nur für rechtliche Belange – Amazon ist auch jenes Unternehmen, das weltweit am meisten für Forschung und Entwicklung ausgibt. Laut aktueller EY-Erhebung waren es 2018 sagenhafte 24,4 Milliarden Euro – ein Plus von 27 Prozent im Jahresvergleich. Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich, spricht davon, dass „die Digitalisierung einen Investitionsboom ausgelöst hat, der stetig an Dynamik gewinnt“ und dass „in vielen Branchen ein Wettlauf um Innovationen und technologische Führerschaft entbrannt“.

Ob nun im Silicon Valley, Seattle, Saaz oder Schladming

Beeindruckende Innovationsgeschichten gibt’s auch hierzulande zu erzählen, das zeigt sich etwa in Saaz. Südoststeiermark. Dort sorgt dieser Tage der E-Commerce-Pionier Niceshops einmal mehr für ein Ausrufezeichen. Roland Fink und sein Team haben einen bemerkenswerten Erfolgslauf gestartet, der noch längst nicht zu Ende ist, wie sich in dieser Woche zeigte. Mit dem Drogerieriesen Müller (35.000 Beschäftigte, knapp 900 Filialen) hat sich eine europäische Handelsgröße bei den findigen Südoststeirern „eingekauft“ - und 26 Prozent der Firmenanteile übernommen. Niceshops kommt die Aufgabe zu, die Handelskette bei der Digitalisierung zu unterstützen. Damit geht ein beschleunigtes Wachstum in Saaz einher – zum dritten Mal binnen kürzester Zeit wird am Standort nahe Feldbach nun ausgebaut. Um mehr als zehn Millionen Euro. Dass sich Müller in der Steiermark das Know-how für seine Digitalstrategien holt, zeigt, was mit Pioniergeist alles möglich ist. Dass Roland Fink einst ebenfalls in einer Garage – und zwar jener seiner Schwiegermutter in Bad Gleichenberg - seinen ersten Online-Handel begründete, passt da ins Bild.

Übrigens: Auch Google, Hewlett-Packard und Walt Disney legten in Garagen den Grundstein zu ihrem Weltruhm. Und auch in der Steiermark gibt es eine weitere Erfolgsgeschichte, die in einer Garage ihren Anfang nahm: 1991 startete der frühere Snowboard-Europameister Gerfried Schuller in der Garage seiner Mutter in Schladming einen kleinen, gerade einmal 25 Quadratmeter großen, Board-Shop. „Der hat immer nur am Abend offen gehabt, von halb fünf bis sieben“, wie sich Schuller in einem Primus-Gespräch einmal erinnerte. Aus „Gerry’s Garage“ ist über die Jahre dann mit „Blue Tomato“ einer der größten Surf-, Skate- und Board-Händler überhaupt entstanden. 

Gründer, Geistesblitze und Garagen – das passt einfach. Ob nun im Silicon Valley, Seattle, Saaz oder Schladming.