Bei Charles Vögele sind die Filialen dicht. 57 waren es zuletzt in Österreich. Wie viele der 394 Beschäftigten, 100 davon in der Steiermark, nach der Konkurseröffnung am 4. Mai einen neuen Job gefunden haben, ist noch unklar. Im Handel werden ständig Fachkräfte gesucht, doch stecken andererseits auch die Mitbewerber in großen Umbrüchen.

Denn das Aus für Vögele war wohl spektakulär, aber das Traditionshaus kam nicht als einziges der Branche vor das Konkursgericht. Die Modehandelskette mister*lady, seit Mitte Mai in einem Sanierungsverfahren, trennt sich von defizitären zehn der 35 Standorte in Österreich. Vor wenigen Tagen wurden die sieben Bik-Bok-Filialen und die vier Carlings-Niederlassungen in Österreich von ihrem norwegischen Mutterkonzern in den Konkurs geschickt. In allen Fällen müssen sich Dutzende überwiegend weibliche Beschäftigte auf Jobsuche begeben. Ums Überleben geht es auch in Deutschland.

Der insolvente Hersteller Gerry Weber sitzt auf einem Schuldenberg und ist dabei, sein Filialnetz radikal zu verkleinern. Die Kette Tom Tailor wird von Geldspritzen des chinesischen Großaktionärs Fosun über Wasser gehalten. Die Liste derer, die sich im vergangenen Jahr der Modernisierung verschrieben haben, nimmt kaum einen prominenten Namen aus.

Jahrelang dehnten die Händler ihr Filialnetz aus und weiteten die Verkaufsflächen, doch dann begann der Siegeszug des Internets. In Österreich umfasste der Bekleidungsmarkt 2018 laut Handelsverband 11,4 Milliarden Euro Umsatz, dabei wurde jedes fünfte Kleidungsstück online bestellt. Höher ist dieser Anteil nur noch bei Büchern und Zeitschriften.

Die Modebudgets der privaten Haushalte stiegen zuletzt nur so viel wie auch der Onlineumsatz zunahm. In den Filialen trat man auf der Stelle, während aber die Kosten nach oben gingen. Wer da nicht reagierte, geriet in eine Abwärtsspirale. Bei Charles Vögele, Gerry Weber und anderen kamen unscharfe Positionierungen hinzu. Gerhard Weber gestand Fehler bei der Verjüngung der von ihm gegründeten Marke ein. Der Handelsexperte Wolfgang Richter von Regiodata teilt den Markt in Pole: da die beliebten Marken, dort das Billigangebot. „Alle Anbieter dazwischen haben Probleme.“

„Click & Collect“ soll forciert werden

Doch ist das noch untertrieben. Denn auch die Großen stellen sich neu auf. In Österreich liefern sich zwei internationale Konzerne ein Rennen um die Marktführerschaft. 2018 stieß C&A mit Erlösen von 427,4 Millionen Euro H&M (401,7 Millionen) vom Umsatzthron. Für den Wachstumskurs reduzierte C&A zuerst das Filialnetz von 130 auf 111 Standorte, um 2018 20 Millionen in die Modernisierung von elf Geschäften zu stecken. Heuer wolle C&A 16 Filialen „gründlich“ erneuern, sagte Österreich-Chef Norbert Scheele: „Gegen den Trend ist es uns gelungen, die Frequenz in den umgebauten Filialen zu steigern.“ Im neuen Vertriebskonzept spielt „Omnichannel“ eine wichtige Rolle.

Auf „Click & Collect“ – online bestellen, in eine Filiale liefern lassen und dort probieren – setzen eine Reihe weiterer Anbieter. Auch H&M, unter der Marke laufen in Österreich 78 Geschäfte, kurbelt seinen Onlineumsatz an.

Jutta Pemsel, WK-Obfrau Modehandel
Jutta Pemsel, WK-Obfrau Modehandel © WK

„Die Befürchtung, dass der Onlinehandel stationäre Geschäfte verdrängt, kann entkräftet werden“, sagt Jutta Pemsel, Obfrau des Modehandels in der Wirtschaftskammer. Nachsatz: „Trotzdem wird es einen großen Strukturwandel geben.“ Die Vertriebskanäle von Online und Offline würden stärker verschränkt werden und „Konsumenten ein bewussteres Kaufverhalten entwickeln“. In einer Umfrage des Gallup-Institutes kommt eine durchaus kritische Haltung österreichischer Konsumenten zum Onlineeinkauf zutage: 81 Prozent fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen, 78 Prozent die Schließung heimischer Betriebe. 52 Prozent kaufen am liebsten im Geschäft ein, 37 Prozent bestellen auch im Netz, elf Prozent sind reine Onlineshopper.

Passend dazu startet der Handelsverband ab 8. Juli die erste Gemeinschaftskampagne österreichischer Händler. Sechs Wochen lang werden 15.000 Plakate dazu auffordern, in Österreich zu kaufen. Mit dem Slogan „In Österreich gekauft. Richtig gut gekauft!“ wolle man die Themen Steuerfairness, Regionalität und inländische Wertschöpfung transportieren. Aus der Modebranche mit dabei sind C&A und Kastner & Öhler.